Nur wenige Monate nach seiner Amtseinführung im Januar 2017 liess Donald Trump bei seinem ersten Auslandsbesuch den Eindruck aufkommen, er stehe für eine neue Linie in Nahost: Er liess sich in Saudi-Arabien feiern und schloss „ganz nebenbei“ Waffenlieferungen im Wert von 8 Mrd. Dollar ab. Unter Umgehung des Kongresses und mit der Begründung, hiermit den Saudis Schutz vor dem Iran zu gewähren.
Kurz darauf aber demonstrierte er mit der Verlegung der US-Botschaft von Tel-Aviv nach Jerusalem, wo seine Sympathien und Prioritäten in Nahost wirklich liegen. Die Kritik des saudischen Königshauses und anderer arabischer Staaten konnte er nur damit dämpfen, dass er ankündigte, zu gegebener Zeit ein Konzept für Frieden in Nahost vorzulegen. Dieser „Jahrhundertplan“ ist seitdem immer wieder im Gespräch. Seine Veröffentlichung wird aber immer wieder aufs Neue hinausgeschoben und das wenige, das in konkreter Form an die Öffentlichkeit gelangt ist, hat eher Enttäuschung, Frust und Verärgerung auf arabischer, vor allem palästinensischer Seite ausgelöst.
Frieden unter Ausklammerung der Politik?
Verantwortlich für den Plan ist Trumps Schwiegersohn, Jared Kushner, Spross einer reichen Unternehmerfamilie, bei der der israelische Ministerpräsident Netanjahu früher ein- und ausging und auch schon mal das Zimmer des Sohnes als Gästezimmer benützte. Ein Schelm, der daraus schliesst, der Nahostplan sei einseitig zum Vorteil Israels entworfen. Kushner jedenfalls preist sein Werk bisher als „neues Konzept“ an: Es gehe doch gar nicht in erster Linie um die „politischen Fragen“, in denen die Parteien sich bisher nicht haben einigen können. Sondern es gehe in erster Linie darum, dass die Palästinenser Arbeit und Einkommen für ein Leben in einem gewissen Wohlstand haben.
Die „politischen Fragen“ klammert Kushner aus. Obwohl gerade sie es sind, die den Kern des israelisch-palästinensischen Konflikts ausmachen. Nicht nur in den Augen der Palästinenser, sondern auch international: An erster Stelle das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser und ihr Recht auf einen eigenen Staat, in den dann auch Vertriebene der Kriege seit 1948 zurückkehren können. Dann die Eingrenzung oder auch Auflösung der israelischen Siedlungen, die seit dem Sechstagekrieg von 1967 in den damals von Israel eroberten Gebieten entstanden sind. Und drittens eine einvernehmliche Regelung zwischen Israelis und Palästinensern über die Zukunft der Stadt Jerusalem.
Es stimmt, dass es in all diesen und vielen anderen Punkten bisher keine Einigung zwischen den Parteien hat geben können, dass Israel die Macht des Stärkeren ausnützt, um Fakten zu schaffen, und die Palästinenser bisher meist den Kürzeren zogen. Nicht unwichtig war und ist dabei die Rolle der Vereinigten Staaten als wichtigster Partner Israels.
Netanjahu wird zur Belastung
Längst vergessen die Zeiten, in denen Washington als Vermittler eines fairen Kompromisses aufzutreten versuchte und unter anderem zum israelisch-ägyptischen Frieden von Camp David beitrug. Unter Trump kam und kommt es nicht einmal mehr zum Versuch: Die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem ist solch ein Beispiel, weil hier der israelische Anspruch auf ganz Jerusalem (inklusive des annektierten Ostteils) untermauert wird. Ebenso hat Trump die Annexion der syrischen Golan-Höhen anerkannt und er hat Premier Netanjahu wiederholt zugesichert, dass auch die Annexion zumindest von Teilen der Westbank durchaus seine Zustimmung finden könnte.
Erst im zurückliegenden Jahr schien man im Weissen Haus Zweifel zu bekommen, weil die israelische Regierung unter Netanjahu sich immer weiter nach rechts bewegt, gleichzeitig aber immer mehr mit politischen und juristischen Problemen konfrontiert ist und nun für September die zweiten Neuwahlen dieses Jahres angesetzt hat. Solch ein Partner dürfte in Washington langsam, aber sicher als Belastung betrachtet werden. Schon allein wegen Netanjahus Haltung gegenüber dem Iran, die an Kompromisslosigkeit die von Trump bei weitem in den Schatten stellt. Aber auch, weil dem US-Präsidenten langsam aufgegangen sein dürfte, dass eine Konfliktlösung nichts wert sein kann, wenn sie nur einer Seite nützt.
Geringe Erfolgsaussichten für Kushners Plan
Die Probe aufs Exempel versucht Kushner nun am 25. und 26. Juni in Bahrein, wo er eine Arbeitsgruppe zusammengerufen hat, die sein Konzept des Wohlstandes, statt politischer Rechte für die Palästinenser diskutieren soll. Die Erfolgsaussichten sind äusserst gering: Die Palästinenser haben wegen ihrer Ablehnung des Kushner-Plans ihre Teilnahme abgesagt, Israel wurde nicht eingeladen, „um es nicht zu politisch werden zu lassen“, und andere arabische Staaten sind nur durch niedrigere Chargen vertreten. In erster Linie sollen Vertreter der Wirtschaft diskutieren, ob und wie sie bereit sind, den Palästinensern durch Investitionen zu helfen.
Den Beteiligten dürfte klar sein, dass auf diese Weise keine Fortschritte erzielt werden können. Dies meint sogar der Nahostbeauftragte der US-Regierung, Jason Greenblatt, in einem Interview im israelischen Fernsehen: Wenn der Plan Kushners scheitere, dann werde Trump „schon wissen, warum“.