Als die Inseln nahe genug waren, sprangen sieben Männer mit den Fahnen der Volksrepublik Chinas und Taiwans von Bord, schwammen auf das Riff Uotsuri Jima zu und kletterten auf die Felsen. Dort hissten sie ihre Fahnen und sangen Chinas Nationalhymne. Sie wurden von japanischen Grenzern wegen illegalen Eindringens abgeführt, ebenso wie sieben weitere Aktivisten an Bord des Schiffes. Die Polizei von Okinawa setzte formell alle 14 fest.
Japanische und chinesische Ansprüche
Die acht auch Senkaku oder Pinnacle Islands genannten Inseln sind nach japanischer Auffassung Teil des Ryukyu-Archipels im Ostchinesischen Meer, nach chinesischer Darstellung Teil der Provinz Taiwan. Japan registrierte die Inseln 1895 in seinem Yaeyama-gun-Landregister. Sowohl Taipeh als auch Beijing führen ihre Ansprüche auf Souveränitätsrechte aus dem 15. Jahrhundert zurück. 1403 wurde Diaoyutai erstmals in dem chinesischen Buch „Reise mit dem Heckwind“ erwähnt. Japan sei die Inselgruppe 1895 im Vertrag von Shimonoseki, der den ersten sino-japanischen Krieg beendete, zugesprochen worden. Da alle sogenannten „ungleichen Verträge“ (die China von Frankreich, Grossbritannien, Japan, Russland, Deutschland und USA im 19. Jahrhundert aufgezwungen worden waren und den Grossmächten unvorstellbare Hoheitsrechte im Reich der Mitte einräumten) nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges für ungültig erklärt wurden (auch der Vertrag von Shimonoseki), müssten die Inseln an Taiwan zurückgegeben werden. Bis 1972 hielten die USA die Inseln als Teil Okinawas besetzt und gaben sie 1972 gegen die Proteste aus Taipeh und Beijing unter japanische Verwaltung, jedoch ohne sich über Souveränitätsrechte festzulegen. Wiederholte Male betonten Vertreter der Washingtoner Administration die Neutralität der USA in dieser Frage, zuletzt im März 2004, als der stellvertretende Sprecher des State Department, Adam Ereli, erklärte: "Die USA beziehen keine Position in der Frage um die Souveränität der Senkaku Diaoyu-Inseln.“
Demonstrationen und Drohgebärden
Bereits in früheren Jahren hatten chinesische Demonstranten ähnliche Aktionen durchgeführt. Seit 2008 fahren zudem chinesische Küstenwachboote regelmässig Patrouille auch innerhalb der zwölf-Meilen-Zone der Senkaku-Inseln. Gelegentlich kommt es auch zu gefährlichen Drohgebärden. So fingen zwei chinesische PLAAF J-10A-Kampfjets am 20. Februar 2009 drei japanische F-2-Kampfflieger bei den Inseln ab und nahmen die Japaner mit ihren Raketen ins Visier. Nach einem dreiminütigen Stand-off kehrten die Japaner in japanischen Luftraum zurück.
Umstrittene Inseln in aller Welt
Kaum einmal, dass die internationale Presse über diese Vorgänge berichtet. Doch diese letzte Meldung um die „siegreiche Landung“, wie chinesische Blogger die lächerliche Aktion patriotisch nannten, machte weltweit Schlagzeilen. Dabei sind Dispute um unbedeutende Inseln weltweit populär. Berühmt ist das Beispiel von St. Lucia in der Karibik, das als Kolonie sechzehnmal den Besitzer wechselte und mal französisch, mal englisch war, weshalb die Bewohner der Insel heute noch zweisprachig sind. Venezuela und Dominica erheben Anspruch auf die Isla de Aves (Vögelinsel). Die Schlangeninsel in der Donaumündung ist zwischen Rumänien und der Ukraine umstritten. Die Europa-Insel zwischen Mozambique und Madagaskar wird von Maputo und Antananarivo beansprucht. Die Vereinigten Arabischen Emirate erheben Anspruch auf die drei iranischen Inseln Greater Tunb, Lesser Tunb und Abu Musa. Auf der Hans-Insel (bei Grönland) ziehen dänische und kanadische Soldaten abwechselnd ihre Flaggen hoch. Bekannter ist der Streit zwischen Grossbritannien und Argentinien um die Falklandinseln.
In den ostasiatischen Meeren häufen sich die Dispute um unbedeutende Inseln, die als unwirtliche Felsen aus dem Meer ragen: Die Liancourt Rocks werden von Japan, Süd- und Nordkorea beansprucht; die Macclesfield Bank von der VR China, von Taiwan und den Philippinen; die Paracelsus-Inseln von der VR China, von Taiwan und Vietnam; South Ledge von Singapore und Malaysia; das Scarborough Shoal von den Philippinen, der VR China und von Taiwan; die südlichen Kurilen von Russland und Japan; der Socotra-Fels von Südkorea, der VR China und Taiwan; die Spratleys von der VR China, von Taiwan, Malaysia, den Philippinen, Vietnam und Brunei. Indonesiens Natuna-Inselgruppe blieb unumstritten, bis China eine Karte veröffentlichte, in der die Natunas in chinesischen Gewässern lagen. Und im Golf von Thailand sind die Grenzen bis heute nicht klar definiert. (Diese Unklarheit löste u.a. im Mai 1975 den sogenannten Mayaguez-Zwischenfall aus, als Khmer Rouge-Soldaten den amerikanischen Containerfrachter „SS Mayaguez“ zur Kursänderung in einen kambodschanischen Hafen zwangen und damit die letzte offizielle Schlacht des Vietnamkrieges auslösten.)
Wertvolle Felsbrocken
Tatsächlich geht es in Südost- und Ostasien um sehr viel, um reiche Fischgründe, um Öl und Gas. China – aber nicht nur China – versucht seine Ansprüche aggressiv durchzusetzen, um seinen wachsenden Energiebedarf zu decken. Bei den rund 200 Spratley-Inseln und Eilanden, wo seit 1930 nicht weniger als 29 Öl- und vier Gasfelder entwickelt wurden, führten die Ansprüche der verschiedenen Staaten bereits mehrfach zu militärischen Zwischenfällen. Etliche Staaten vergaben Bohrrechte im Südchinesischen Meer an ausländische Ölfirmen. Die Vereinigung Südostasiatischer Nationen (ASEAN) erarbeitete 1992 gemeinsam mit Südkorea, Japan und der VR China eine Erklärung, in der sich die Unterzeichner verpflichteten, ihre Konflikte friedlich zu lösen und die gemeinsame Ausbeutung der Rohstoffe zu erwägen.
Im Ostchinesischen Meer überlappen sich die von China wie Japan beanspruchten 200 Seemeilen (sm) weiten Exklusiven Wirtschaftszonen (EEZ). Das Meer ist nur 360 sm weit. Während Japan vorschlägt, eine Demarkationslinie in der Mitte zwischen den beiden Küsten zu ziehen, beharrt China auf einer Ausdehnung seines Gebietes bis zum östlichen Ende des chinesischen Festlandsockels, der weit in die japanische EEZ reicht. Spezieller Anlass der Spannungen um die Diaoyu-Inseln sind chinesische Bohrungen im Chunxia-Gasfeld. Das liegt zwar drei sm westlich der Mittellinie, Japan fürchtet jedoch, dass die Chinesen dabei auch Gasreserven anzapfen, die über diese Linie hinausreichen. Die Reserven des Chunxiao-Felds sollen sich auf mehr als 1,6 Billionen Kubikfuss belaufen.
Strittige Rechtslage
Die Rechtslage ist äusserst strittig, und auch die UN-Konvention zum Gesetz der See (UNCLOS) bietet keine einfache Lösung an. Teil IV des Gesetzes gibt der geographischen Lage Priorität vor den historischen Ansprüchen. Dieser Paragraph rechtfertigt etwa im Fall der Spratleys die Ansprüche Bruneis, Malaysias und der Philippinen. Da die meisten dieser Inseln, Eilande und Felsen Jahrhunderte lang unbewohnt waren, schienen sie niemandem zu gehören. Daher bevorzugte das internationale Recht jene Staaten, die zur Entwicklung der entlegenen, inzwischen aber so kostbaren Felsbrocken beitrugen. Seither bauen zahlreiche Staaten Wetterstationen, Observationsposten, seismische Messgeräte und andere Einrichtungen auf den beanspruchten Eilanden, um so ihre Ansprüche zu festigen. Andere drucken Briefmarken oder – wie Indonesien mit seinen 17 000 zumeist unbewohnten Inseln – begannen wenigstens, ihren im Meer herumliegenden Felsen Namen zu geben.
Darum baute die Japanische Jugendvereinigung schon 1978 auf der Hauptinsel Uotsuri Jima einen Leuchtturm. 18 Jahre später bauten die jugendlichen Patrioten ein weiteres fünf Meter hohes Leuchtfeuer auf einer Nachbarinsel. Im April 2000 schliesslich richtete Japan auf Uotsuri Jima sogar einen Shinto shrine ein. Dies hielt die chinesischen Patrioten jedoch nicht davon ab, Ihren Anspruch wieder einmal deutlich zu machen. Ausgerechnet am 15. August, dem Jahrestag der japanischen Kapitulation 1945, landeten sie auf Uotsuri Jima.
Diesmal folgte jedoch kein Säbelrasseln. Beijing und Tokio beliessen es bei den üblichen diplomatischen Protestnoten. Japans Aussenministerium bestellte den chinesischen Botschafter ein, Beijings Vizeaussenministerin Fu Ying bestellte Japans Botschafter ein, um gegen die „illegalen Festnahmen“ zu protestieren. Sie hätten nur ihr "souveränes Recht ausgeübt, die Diaoyu-Inseln als Teil Chinas zu besuchen".