Schon früh haben uns Volksschullehrer eingetrichtert: „Ihr dürft nicht einfach ‚Amerika‘ sagen, denn es gibt mehrere Amerikas. Ihr müsst genau sein. 'Amerika' kann auch Paraguay, Surinam oder Honduras sein.“
Und der Volksschullehrer lehrte uns dann, dass der Name "Amerika" sich vom italienischen Entdecker Amerigo Vespucci ableitet.
Der Genauigkeitswahn der Volksschullehrer hat dann Schule gemacht. Man will zeigen, dass man weiss, dass es viele Amerikas gibt.
So ist alles, was die USA betrifft, „US-amerikanisch“ geworden. Die US-amerikanische Hauptstadt Washington, der US-amerikanische Marineinfanterist, der US-amerikanische Bundesstaat Ohio, die US-amerikanische Schauspielerin Lindsay Dee Lohan.
Präzision muss sein. Und doch: Langsam wird das lächerlich.
Sind wir so bekloppt, dass wir nicht wissen, dass Washington die Hauptstadt der USA ist? Muss man wirklich die US-amerikanische Hauptstadt Washington sagen? Wenn wir "der amerikanische Bundesstaat Ohio" sagen, könnte dann jemand denken, Ohio liege in Feuerland?
Müssen wir betonen, dass die CIA der US-amerikanische und nicht einfach nur der amerikanische Geheimdienst ist? Gibt es Leute, die denken könnten, es sei der guatemaltekische Geheimdienst?
Braucht es wirklich den Zusatz „der US-amerikanische“ Präsident Obama? Würde man sonst denken, Obama sei Präsident im honduranischen Tegucigalpa?
„Amerika“ ist zum Synonym geworden für die Vereinigten Staaten. Wenn wir Amerika sagen, meinen wir die USA. Wenn wir „amerikanisch“ sagen, meinen wir „US-amerikanisch“.
Schon immer gab es Leute, die sagten, diese Denkweise sei „typisch imperialistisch“, „die USA als Mittelpunkt der Welt“. Bei dieser Sprachregelung handle es sich um „eine Missachtung und Beleidigung der andern amerikanischen Staaten“.
Damit müssen wir leben.
Wenn wir sagen, „wir gehen nach Amerika“, meinen wir die USA und nicht Peru. Wenn wir aber nach Peru gehen, sagen wir: „Wir gehen nach Peru“.
(hh)