Nach dem Wahlsieg von Trump steht dessen Handelspolitik im Mittelpunkt medialer Beobachtung. China könnte aber Trump bald schon sicherheitspolitisch auf den Prüfstand stellen, mit globaler Auswirkung.
Taiwan als Xi Jinpings sicherheitspolitischer Test des neuen amerikanischen Präsidenten erscheint plausibler als die zwei anderen traditionellen «flash points» im Grossraum Asien-Pazifik: der chinesischen Expansion im südchinesischen Meer sowie der koreanischen Halbinsel. Für Xi Jinping ist Taiwan, was die Ukraine für Putin, Teil des eigenen autokratischen Staates, der keine erfolgreiche Demokratie auf «eigenem» Gebiet duldet. Mit immer deutlicherer Rhetorik, er werde die abtrünnige Provinz Taiwan bald ins Reich zurückholen, hat Xi sich hier selbst unter Druck gesetzt.
Wirtschaftsprobleme
Xi sieht sich zudem durch die aktuelle Wirtschaftsentwicklung bedrängt. Die chinesische Wachstumsmaschine läuft nicht mehr rund und damit gerät sein autokratischer «contrat social» in Gefahr – ständige Wohlstandsvermehrung im Gegenzug zum Fehlen politischer und persönlicher Freiheit. Weil er als marxistisch-leninistischer Ideologe der Privatwirtschaft, ja aller Privatinitiative misstraut, werden auch diesmal die Versuche zur Wirtschaftsbelebung via Staat gelenkt und geführt. Was wie in der Vergangenheit zu Fehlallokationen und übermässiger Verschuldung von Provinzen und regionalen Körperschaften führen könnte.
Warum Taiwan?
«Joint Sword 2024 A» und «Joint Sword 2024 B» im Oktober gehörten zu den bislang grössten und aggressivsten Militärmanövern der chinesischen Streitkräfte über und rund um Taiwan – ein Vorgeschmack auf was Xi Jinping als Test des neuen Herrn im Weissen Haus im Schilde führen könnte. Wiederum in einer Parallele zu Putins Aggression gegen die Ukraine will Xi allenfalls ausloten, wie weit die USA und der Westen, hier eingeschlossen die asiatisch-pazifischen Westmächte Japan und Australien, bereit sind, eine befreundete Demokratie als solche, auch ohne feste vertragliche Verbindung zu unterstützen und zu verteidigen. Zudem hat sich Trump mehrmals kritisch, ja abschätzig, zu Taiwan geäussert. Dessen klare amerikanische Rückendeckung, insbesondere in den letzten Jahren durch Präsident Biden, gehört der Vergangenheit an.
Ohne gleich zur schwersten Keule einer Invasion Taiwans zu greifen, könnte Xi den Zugang zur Insel erschweren bis hin zur völligen Blockade. Was nicht nur beim internationalen Handel mit Halbleitern, die zum Herzblut unserer technologiegetriebenen Wirtschaft gehören, zu grösseren Verwerfungen führen könnte.
Philippinen
Nun wird ja auch das Verhalten der chinesischen Küstenwache in den zwei Meeresgewässern vor der Volksrepublik – die «South China Sea» gegenüber verschiedenen ASEAN-Ländern und die «East China Sea» gegenüber Japan – immer aggressiver. In den davon stark betroffenen Philippinen sind aber US-Truppen direkt präsent, welche Washington auf der Basis einer festen Verteidigungsverpflichtung («Enhanced Defense Cooperation Agreement» von 2014, erweitert 2023) gegenüber dem Gastland dort stationiert hat. Die Implikation der USA in einer von China provozierten Aggression ist damit vertraglich gegeben.
Der Fall Korea
Die nordkoreanische Rhetorik gegenüber Seoul klingt seit einiger Zeit noch aggressiver als zuvor. Kim lässt alle Verbindungen zum Süden zerstören, um so symbolisch das von ihm angekündigte Ende aller Aussichten auf eine Wiedervereinigung zu signalisieren. Südkorea ist nun «der Hauptfeind», mit dem alle Beziehungen abgebrochen werden. Mit einem in seiner autokratischen Führungsblase gefangenen Diktator wie Kim sind an sich unliebsame Überraschungen nie auszuschliessen, so etwa militärische Abenteuer Richtung Süden oder auch spektakuläre Tests mit neuen ballistischen Kapazitäten zum Transport nordkoreanischer Nuklearsprengköpfe.
Allerdings kann die Kehrtwende Pjöngjangs von Wiedervereinigung zu Erbfeindschaft auch umgekehrt gelesen werden. Als nordkoreanisches Eingeständnis, dass der Süden für immer verloren erscheint. Was Beijing nur recht sein kann, weil China mit einem von ihm abhängigen, totalitären und militärisch hochgerüsteten Pufferstaat gegenüber den wirtschaftlich erfolgreichen Demokratien in seiner Nachbarschaft am besten gedient ist. Damit ist wohl auch Korea als Testgelände für Xi weniger wahrscheinlich.
Autokraten setzen auf Trump
Trump ist zwar erratisch und damit unvorhersehbar, was die Chinesen hassen, aber er kann, wie Putin mit der Ukraine wohl vormachen wird, zum Abschluss von «Deals» gebracht werden, was für Xi attraktiv erscheint. Zudem sieht Xi im neuen amerikanischen Präsidenten letztlich einen geistesverwandten Partner. Trump hat während seiner Präsidentschaft, etwa mit seiner Verbrüderung mit Kim, gezeigt, dass ihm Systeme und Menschenrechte egal sind, vorausgesetzt, dass er sich als «Dealmaker» in Szene setzen kann. In geradliniger Fortsetzung davon steht Trumps Feststellung, dass «innere, linke» Feinde gefährlicher seien als Russland, China und der Iran.
Globale Bedeutung
Eine chinesische Aggression gegenüber Taiwan wird nicht nur einen Test für Trump bedeuten, ob er letztlich bereit ist, die nach wie vor global grösste Militärmaschine zu Gunsten einer kleinen Demokratie einzusetzen, die Tausende von Meilen vom amerikanischen Herzland entfernt liegt. Es würde sich auch zeigen, ob und wie die USA unter Trump weiterhin willens sind, die bisherige «Pax Americana» im indopazifischen Raum zu verteidigen. Was im Indopazifik für Japan, Südkorea und Australien entscheidend ist für ihre zukünftige Sicherheitspolitik, gilt ähnlich für Europa und Putins Russland. Auch hier wieder eine Parallele.