Herkömmliche Geschäftsmodelle von Zeitungsverlagen brechen ein. Mit der Verlagerung ins Internet ist die Finanzierung redaktioneller Leistungen schwierig geworden, weil im Web eben die Gratisnutzung vorherrscht. Vor den Internet-Zeiten kamen bis zu vier Fünftel der Erträge von Inseraten. Eigentlich müssten diese nun mit den Lesern ins Web wechseln, doch das klappt nur ungenügend und spielt die erforderlichen Mittel nicht herein.
Seit zwei Jahrzehnten suchen die Medienhäuser nach Ideen, welche die in der Gutenberg-Zeit etablierte Mischfinanzierung aus Werbung, Abos und Kioskverkäufen ins Online-Zeitalter transformieren könnten. Dass man da buchstäblich über alles Mögliche nachdenkt, darf nicht verwundern.
Bei Gedankenspielen zur Medienzukunft rücken Big Data und Künstliche Intelligenz zunehmend in den Fokus. Datenspuren, welche die Benützer beim Besuch von News-Sites zurücklassen, stellen Schätze dar, die sich in einer Informationswirtschaft zu Geld machen lassen – direkt, indem sie an Dritte verkauft werden, indirekt, indem Betreiber von Online-Medien sie selber nutzen. Medienhäuser stehen an der Schwelle der Möglichkeit, auf der Basis individueller Nutzerdaten ihre elektronischen Angebote zu personalisierten Werbeträgern auszugestalten und eine maximale Leserbindung zu erreichen. Durch automatische Verknüpfung von Medieninhalten mit individuell ermittelten Nutzerinteressen könnten in der Tat schon bald personalisierte Online-Angebote entstehen. Ähnliches kennt man ja schon bei Suchmaschinen. Sie filtern die Treffer auf der Basis früherer Abfragen so, dass sie zu den Interessen der suchenden Person passen sollen.
Mit individualisierten Medien, die den Nutzern zielgenau vermelden, was in deren persönliches Interessenschema passt, würde die Gesellschaft sich in Richtung von Aldous Huxleys „Brave New World“ bewegen. In dieser literarischen Dystopie werden die Menschen mit der Zufriedenheitsdroge Soma ruhiggestellt. Sollte es tatsächlich dahin kommen, dass Information jedem Dissens ausweicht und alle Reibung vermeidet, droht sie zu einem Soma zu verkommen. Medien, die ausschliesslich ihre angenehme Konsumierbarkeit anstrebten, gäben ihre raison d’être preis.