Den wichtigen spanischen Parteien war es nach den Wahlen am vergangenen 20. Dezember nicht gelungen, sich zu einer Regierungskoalition zusammenzuraufen. Deshalb waren die jetzigen vorgezogenen Neuwahlen nötig. Doch auch sie könnten keine Klärung gebracht haben.
Die Meinungsumfragen hatten einen klaren Linksrutsch vorausgesagt. Dieser ist ausgeblieben. Entgegen den Prognosen ist das spanische Parlament leicht nach rechts gerückt.
Sieger des Urnengangs vom Sonntag ist der konservative Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Der PP gewinnt 14 Mandate und kommt neu auf 123 Sitze. Damit verfehlt er die absolute Mehrheit von 176 Mandaten klar und ist auf einen Koalitionspartner angewiesen.
Zweitstärkste Partei bleibt der sozialistische PSOE. Er verliert 5 Sitze und verfügt nun noch über 85 Mandate. Meinungsumfragen hatten Pedro Sánchez und seinen Sozialisten starke Verluste vorausgesagt. Dass der PSOE jetzt den zweiten Platz retten konnte, feiert er als Erfolg.
Die linke "Unidos Podemos"-Protestbewegung des fast schon charismatischen Podemos-Führer Pablo Iglesias hat zwar 2 Sitze gewonnen, liegt aber weit hinter den Erwartungen zurück.
Iglesias, der sich mit den Post-Kommunisten zusammengetan hatte und damit glaubte, 800'000 zusätzliche Stimmen zu gewinnen, rechnete damit, zweitstärkste Partei zu werden. Meinungsumfragen hatten ihn in dieser Prognose bestärkt. "Unidos Podemos" ("Vereint können wir") kommt neu auf 71 Sitze. Die Kritiker der Protestpartei bezeichnen das Sammelbecken als "linkspopulistisch". Mit seinem unkonventionellen Auftreten hat Podemos-Generalsekretär Iglesias, dem auch seine Gegner einen scharfen Geist attestieren, den Wahlkampf immer wieder dominiert.
Noch am Wahlabend, vor Auszählung der Stimmen, hatten viele damit spekuliert, dass die Sozialisten zusammen mit Unidos Podemos die absolute Mehrheit erringen könnten. Beide kommen jetzt auf 156 Mandate, 16 zu wenig für eine Regierungskoalition. In der Sozialistischen Partei gibt es eine starke Strömung, die sich gegen ein Zusammengehen mit Unidos wehrt.
Das spanische Parlament verfügt über 350 Abgeordnete. Rechnerisch gesehen wäre vor allem eine grosse Koalition zwischen den beiden Traditionsparteien PP und PSOE regierungsfähig.
Mariano Rajoy hat schon seit dem letzten Dezember den Sozialisten eine Allianz angeboten. Eine solche, angeführt von Rajoy, ist bisher jedoch vom Sozialisten-Chef Pedro Sánchez kategorisch abgelehnt worden. PP und PSOE kämen zusammen auf 208 Mandate, 32 mehr als die absolute Mehrheit von 172.
Rechnerisch nicht ausgeschlossen wäre eine Dreierkoalition zwischen PSOE, Podemos und der enttäuschenden "Ciudadanos"-Bewegung. Doch auch dagegen wehren sich die Sozialisten.
Die neue bürgerliche "Ciudadanos"-Partei, die für mehr Sauberkeit in der Politik und Wirtschaft kämpft, hat 8 Sitze verloren und kommt neu noch auf 32 Mandate. Die Partei, in die viele noch im letzten Jahr grosse Hoffnung gesetzt hatten, steht ideologisch dem PP am nächsten.
"Es gibt keine substantiellen Änderungen auf dem politischen Tableau", schreibt El Pais, Spaniens wichtigste Zeitung. Spanische Kommentatoren erklären, dass in unsicheren Zeiten die Wählerinnen und Wähler keine Experimente wollten und wieder bei den Konservativen Zuflucht suchten. Die Brexit-Abstimmung hat laut spanischen Experten den Partido Popular gestärkt.
(J21/hh/El Pais)