Der Duden online meldet: Das Wort „Sex“ wurde erstmals 1961 im Rechtschreibe-Duden aufgeführt. Da staunt wahrscheinlich der jüngere Zeitgenosse. Heute ist der Begriff allgegenwärtig, schriftlich und mündlich. Und niemand bestreitet im Ernst die gängige Werbeweisheit „Sex sells“, auch wenn das ja längst nicht alle gut finden.
Sprachliche Alternativen im Rückzug
Sex kommt bekanntlich vom Lateinischen Sexus und hiess dort einfach Geschlecht. Inzwischen aber ist die Kurzform Sex in vielen Sprachen praktisch zum Synonym für alles Geschlechtliche geworden. Parallel zum steilen Aufstieg der Sex-Vokabel sind ältere gängige Ausdrücke für das Geschlechtliche (oder Anspielungen darauf) im Rückzug begriffen. Zum Beispiel Fleischeslust, Schäferstündchen, Beischlaf, Kopulation. So wandelt sich mit den gesellschaftlichen Umbrüchen auch der Sprachgebrauch.
Noch inflationärer als das Substantiv „Sex“ hat sich das Adjektiv „sexy“ ausgebreitet, und zwar wiederum in zahlreichen Sprachen. Dabei handelt es sich um ein sprachlich noch jüngeres Phänomen. In meinem altgedienten Cassel’s German and English Dictionary aus dem Jahre 1957 ist sexy noch nicht zu finden. Allerdings ist der Begriff inzwischen ähnlich verwässert wie das globalisierte „cool“. Sexy wird von einigen Leuten ja auch für Autos oder für Smartphones gebraucht. Das sollte uns animieren, bei der Beschreibung anziehender Eigenschaften oder Vorgänge sprachliche Alternativen intensiver in Betracht zu ziehen – wie etwa sinnlich, berückend, verführerisch, knackig, appetitlich, reizvoll, lasziv, attraktiv, erotisch, unwiderstehlich, umwerfend.
Beim Allgegenwartswort „Handy“ können wir uns kürzer fassen. Inzwischen hat sich ja wohl herumgesprochen, dass der deutsche Begriff für das beliebteste Spiel- und Werkzeug der Gegenwart im Angelsächsischen nicht gebräuchlich ist. Dort spricht man von „cell phone“ oder „mobile“. Als Adjektiv ist „handy“ im Englischen sehr wohl geläufig und heisst so viel wie „handlich, praktisch“. Wie genau das „Handy“ als Bezeichnung für das Mobiltelefon in den deutschen Sprachschatz gekommen ist, können laut „Spiegel“ auch die Linguisten nicht näher erklären. Woraus man ersehen kann, dass nicht alles, was heutzutage im deutschen Sprachgebrauch raketenhafte Karriere macht, direkt aus dem angelsächsischen Sprachimperium importiert ist – höchstens indirekt.
Vermüllungs-Syndrom
Das gilt auch für den ebenfalls noch jungen Begriff Messie. Damit bezeichnet man vor allem umgangssprachlich Personen, die am sogenannten Messie-Syndrom leiden. Bei diesem handelt es sich laut Wikipedia um "schwerwiegende Defizite in der Fähigkeit, die eigene Wohnung in Ordnung zu halten und Alltagsaufgaben zu organisieren“. Auf der Suche nach deutschsprachigen Alternativen für das Messie-Syndrom stösst man auf die Ausdrücke „Desorganisationsproblematik“ oder „Vermüllungs-Syndrom“.
Wichtig für unsere Sprachkolumne ist der Hinweis, dass die Bezeichnung „Messie-Syndrom“ im Englischen nicht üblich ist. Dort lautet die korrekte Bezeichnung „compulsive hoarding“, also zwanghaftes Horten. Dennoch ist der Begriff Messie offenbar in den USA kreiert worden, und zwar von der davon selbst betroffenen amerikanischen Sonderschulpädagogin Sandra Felton, die darüber auch Ratgeberliteratur publiziert hat.