Der Bruch der Allianz zwischen den Huthis und den Anhängern Ali Saleh Abdullahs, des früheren Staatschefs Jemens, ist Tatsache geworden. Er scheint irreparabel. Es war diese Allianz, die es den beiden Kräften 2014 erlaubte, die Hauptstadt Sanaa in Besitz zu nehmen. Ihre Macht konnten beide Parteien nach Süden bis an die Stadt Aden heran ausdehnen. Es gelang ihnen auch, Ali Adullah Salehs Nachfolger, Mansour Abdrabbo al-Hadi Mansour, aus Sanaa zu vertreiben. Al-Hadi war früher Vizepräsident unter Saleh.
Die Allianz war schlagkräftig, weil sie einerseits die erfahrenen Stammeskämpfer der Huthis und andererseits die am besten ausgerüsteten Teile der regulären Armee Jemens umfasste. Sie waren Ali Saleh Abdullah loyal geblieben. Dieses Bündnis ist nun zerbrochen.
- Auf der einen Seite stehen die regulären Kräfte mit ihren schweren Waffen und mit Offizieren, die als solche geschult sind.
- Auf der anderen Seite stehen die Huthi-Stammeskämpfer aus dem Norden Jemens. Sie halten aufgrund ihrer besonderen Variante des schiitischen Islams zusammen.
Saudi-Arabien packt die Gelegenheit
Saudi-Arabien hat bereits Position bezogen und unterstützt jetzt neuerdings den früheren Präsidenten Ali Saleh Abdullah. Bisher hatte Riad die Huthi-Saleh-Allianz energisch bekämpft, vor allem mit Luftangriffen, aber auch mit Aktionen auf dem Boden.
Da sich nun Saudi-Arabien und der frühere Präsident Saleh zusammenraufen, werden die von Iran untersützten Huthis stark geschwächt. Das saudische Engagement im Jemen-Krieg war von Beginn an mit der iranischen Hilfe an die Huthis begründet worden. Riad fürchtete, die Huthis könnten als eine Art iranische Speerspitze gegen das saudische Königreich eingesetzt werden. So, wie es in Libanon geschieht. Dort wird die Hizbullah von Iran unterstützt und gegen Israel und zugunsten von Asad in Syrien eingesetzt.
Das Angebot Ali Saleh Abdullahs
Während die Kämpfe in den Strassen der jemenitischen Hauptstadt zwischen den bisher verbündeten Kräften ausgetragen werden, sagte Ali Abdullah Saleh wörtlich auf einer ihm zuneigenden Fernsehstation:
„Ich rufe die Brüder in den benachbarten Staaten dazu auf, ihre Angriffe zu beenden und die Belagerung aufzugeben, die Flughäfen zu öffnen und Nahrung und Rettungsaktionen für das Leben der Verwundeten zuzulassen. Dann werden wir ein neues Kapitel beginnen, weil wir doch Nachbarn sind“. ... „Wir werden positiv mit ihnen (den Saudis) verhandeln. Was in Jemen geschah, ist genug!“
„Alle vereint gegen die Huthis“
Saudi-Arabien reagierte zustimmend. Al-Hadi, der sich in Riad befindet und ganz von Saudi-Arabien abhängig ist, liess durch einen Sprecher mitteilen, er sei bereit, mit allen zusammenzuarbeiten, die gegen die Huthis vorgehen. Auch er sprach von „einem neuen Kapitel“. So sollen „die politischen Kräfte zu einer weiten Koalition zusammenfinden“. So auch können „die politischen Grundlagen für eine neue Epoche“ gelegt werden – eine Epochen, „in der alle vereinigt gegen die Coup-Miliz (die Huthis) vorgehen“.
Sein Vizepräsident, General Ali Mohsen al-Ahmar, der mit der Kriegsführung auf Seiten al-Hadis betraut ist, sagte das Gleiche. Ali Mohsen al-Ahmar war der erste hohe Offizier Jemens, der mit seinen Einheiten 2011 dem damaligen Präsidenten Ali Saleh Abdullah die Gefolgschaft verweigerte und sich auf die Seite der damaligen Demonstranten stellte, die gegen den herrschenden Präsidenten aufbegehrten. Nun scheinen die beiden wieder zusammenzufinden.
Die saudische Koalition erklärte ihrerseits, sie begrüsse den Entschluss der Führung und der Mitglieder des Allgemeinen Volkskongresses (der Partei Salehs), „sich mit der Bevölkerung Jemens zusammenzuschliessen und Jemen von den Milizen Irans zu befreien“.
Überraschte Huthis
Die Huthis reagierten zunächst defensiv. Sie riefen „den Chef Saleh“ dazu auf, „Weisheit und Reife zu zeigen und Aufrufe der Aufhetzung zu ignorieren“. Und: „Wir sind bereit, uns zusammenzusetzen für ein Schlichtungsverfahren und dessen Regelung anzunehmen.“ Doch später verschärften sie ihren Ton. Der oberste Anführer der Huthis, Abdel Malek al-Huthi, sprach von einem „Verrat“ und von „Schande“.
Die militärische Lage ist unklar. In Sanaa gehen Kämpfer beider Seiten gegen die Hauptquartiere ihrer Gegner vor. Es soll bereits Dutzende von Toten und viele Verletzte gegeben haben. Einiges spricht dafür, dass die Anhänger Salehs im Vorteil sind. Sie behaupten, sie hätten strategische Teile der Hauptstadt besetzt, darunter auch den Komplex des Verteidigungsministeriums. Ferner melden sie, dass sie gegen ein Ausbildungslager der Huthis an der Peripherie Sanaas vorgegangen sind. Dieses Lager wird auch von der Saudi-Koalition bombardiert.
Eine Propaganda-Rakete der Huthis?
Die Huthi-Seite dementierte diese Informationen, ohne genauere weitere Angaben zu machen. Für Aufsehen sorgte eine Meldung der Huthis, wonach sie eine Rakete auf das Atomkraftwerk al-Baraka in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) abgefeuert hätten. Die Emirate dementierten einen solchen Angriff.
Al-Baraka steht im Bau und soll im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden. Es ist das erste von fünf in den VAE geplanten Atomkraftwerken. Der von Huthis gemeldete Raketenangriff hat offenbar den Zweck, die Moral der überraschten Huthi-Kämpfer zu festigen.
Starke Armee
Die Entourage des früheren Präsidenten Salah rief die Armee auf, keinerlei Befehle der Huthis mehr zu befolgen. Ein Militärsprecher Salahs sagte, Armee-Einheiten hätten die Hauptachse zwischen Sanaa und Taez abgeschnitten. Taez ist die drittgrösste Stadt Jemens und wird von Huthi-Einheiten belagert. Sollte die Verbindung zur Hauptstadt tatsächlich unterbrochen sein, würden die Huthis damit isoliert.
Die Saleh-treuen Armee-Einheiten verfügen über schwere Waffen und gepanzerte Fahrzeuge. Für sie wird es relativ leicht sein, die Hauptverkehrsachsen und die an ihnen liegenden Ortschaften zu beherrschen. Dies vor allem auch deshalb, weil sie zusätzlich Luftunterstützung aus Saudi-Arabien erhalten. Doch in den Bergen und Wüsten Jemens droht es viel schwieriger zu werden. Dort wird es nicht einfach sein, die erfahrenen Guerilla-Kämpfer der Huthis auszuschalten.