Die tagelange Belagerung des Spitals von Grenoble durch Übertragungswagen, TV-Teams, Paparazzi und Reporter, der zusätzliche Auflauf uniformierter Ferrari-Fans und weiterer Schaulustiger – alles ziemlich abstossend. Von dem Rummel wissen wir, weil er in den Medien gespiegelt, thematisiert und kommentiert wird, und zwar oft in anklägerischem Ton. Der Moralismus bleibt selbstverständlich folgenlos. Die Zeitung, die in der Kommentarspalte den Exzess der Branche kritisiert, rapportiert in der gleichen Ausgabe beflissen jede Schein-Neuigkeit und dreht eifrig mit an der Schraube der Spekulationen. Um Argumente für diese Praxis wären die Redaktionen, so sie überhaupt befragt würden, nicht verlegen: Es interessiert das Publikum. Und: Die andern machen es auch.
Was sich nach Schumachers Unfall in der Medienwelt abspielt, ist in der Tat kein Exzess in dem Sinn, dass hier plötzlich die Regeln missachtet würden. Im Gegenteil: Es wird nach den üblichen Regeln gespielt, bloss mit höherem Einsatz als im courant normal.
Die schockierenden Bilder des Medienrummels von Grenoble führen uns nichts anderes als die «Ökonomie der Aufmerksamkeit» vor Augen: Die von der Bilder- und Informationsflut übersättigte, in tausend Interessengruppen zersplitterte Öffentlichkeit bekommt einen Stimulus, sich um ein herausragendes Ereignis zu scharen und sich dabei als so etwas wie eine Gemeinschaft zu erleben. Immerhin, etwas Anteilnahme ist durchaus auch dabei.