Das kam ziemlich unerwartet. Ein paar hartgesottene Führer der ehemaligen kolumbianischen Rebellenorganisation Farc (fuerzas armadas revolucionarias de colombia) entschuldigten sich öffentlich bei ihren Opfern und deren Familien unter anderem mit den Worten: «Wir können uns den tiefen Schmerz und die Qualen der Söhne und Töchter derer vorstellen, die von der Farc entführt wurden.» Seit Ende der Fünfzigerjahre hatte die Farc in Kolumbien einen Bürgerkrieg gegen Regierungstruppen und Paramilitär geführt und sich dabei über Drogenhandel und -schmuggel, über Entführungen und anschliessende Lösegelderpressungen finanziert. 2016 unterschrieb die Farc einen Friedensvertrag, gab die Waffen ab und verwandelte sich in eine politische Partei (mit wenig Einfluss), die seither im Parlament sitzt.
Der Friede ist fragil, Nachfolgeorganisationen der Farc stören ihn, die Paramilitärs unternehmen Rachefeldzüge. Ein nach dem Friedensschluss einberufenes Sondergericht soll ermitteln und über die Schand- und Gräueltaten, die während des Krieges begangen wurden, urteilen, wobei den Tätern weitgehende Amnestie versprochen wurde. Das ist der – viel zu hohe – Preis, der für den Frieden zu entrichten war.
Straflosigkeit für Verbrechen, begangen im Bürgerkrieg oder während einer Militärdiktatur, das hat in Lateinamerika Tradition; man denke an Argentinien oder Chile. Und wie in diesen Ländern, wo es Jahrzehnte dauerte, bis die Verantwortlichen doch noch belangt wurden, kann sich auch in Kolumbien ein grosser Teil der Bevölkerung mit der versprochenen Amnestie nicht abfinden. Gerechtigkeit wird eingefordert und sie bedingt eine Bestrafung der Guerilla-Führung. In diesem Zusammenhang muss man (und viele Kolumbianer denken so), die Entschuldigungen der Farc, die angebliche Reue, die sowieso viel zu spät kommen, als heuchlerisch qualifizieren, als Versuch, auf billige Art dem Gefängnis zu entgehen. Ob seitens der Farc eine Einsicht entstanden ist, ein Umdenken stattgefunden hat, gar eine Akzeptanz der gerichtlichen Aburteilung samt zu verbüssender Strafe, das darf doch füglich bezweifelt werden.