Burmesinnen und Burmesen liessen sich nicht einschüchtern und führten mit ihren Stimmzetteln die „Nationale Liga fuer Demokratie“ (NLD) zu einem überwältigenden Wahlerfolg. Die Uniformierten, perplex und ueberrascht, dachten nicht daran, die Macht abzugeben.
Als „Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung“verstärkte die Militärjunta die Repression. Viele der NLD-Fuehrer wurden zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Aung San Suu Kyi, Tochter des Unabhängigkeitshelden Aung San, wurde bereits vor den Wahlen ins Gefängnis gesteckt und verbrachte bis heute ueber 15 Jahre im Kerker oder unter Hausarrest. Die in Myanmar als „Lady“ verehrte Suu Kyi erhielt 1991 den Friedensnobelpreis.
Wegen Menschenrechtsverletzungen boykottiert
Myanmar, besser bekannt unter dem britischen Kolonialnamen Burma, wird seit zwanzig Jahren von den USA und Europa wegen Menschenrechtsverletzungen boykottiert. Das Erdgas- und Rohstoffreiche Myanmar allerdings schert sich einen Deut um die westlichen Sanktionen. Schliesslich sind ökonomisch genauso wie politisch sofort die Nachbarstaaten China, Indien und Thailand sowie Singapur in die Bresche gesprungen. Im UNO-Sicherheitsrat kann Myanmar zudem auf Russland zaehlen.
Die herrschenden Generäle gaben der Regierung, nachdem „Recht und Ordnung“ wieder hergestellt war, einen neuen, schon fast Orwellschen Namen: „Staatsrat für Friede und Entwicklung“. Die „Nationale Liga fuer Demokratie“ bestand weiter, doch angesichts der von den Militärs diktierten Entwicklung verzichtete sie auf Mitarbeit an einer neuen Verassung.
Das Dokument wurde 2007 verabschiedet und von den Generälen vollmundig als „Plan fuer die Demokratie“ bezeichnet. Laut Verfassung sind fuer die Militärs in den zwei Kammern des Nationalen Parlaments ein Viertel aller Sitze reserviert. Abgestimmt über die neue Verfassung wurde 2008, kurz nachdem der Zyklon Nargis den Süden Myanmars verwüstet und 138'000 Todesopfer gefordert hatte. Die Wahlen wurden auf den 7. November 2010 terminiert.
"Scheinlegitimierung der regierenden Generäle"
Die Generalität in der Hauptstadt Naypyitaw unter dem Kommando des 76 Jahre alten Generals Nummer 1 Than Shwe gibt sich gelassen und siegesgewiss: „Die Wahlen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Demokratie“.
Die NLD von Aung San Suu Kyi beschloss im Frühjahr, die Wahlen zu boykottieren, was zum sofortigen Verbot der Partei fuehrte. NLD-Politiker sagen deshalb, dass die Wahlen „eine Veranstaltung zu Scheinlegitimierung der regierenden Generäle“ sei und die „Diktatur verlängert“ werde. In der Opposition freilich teilen nicht alle diese Meinung. Jüngere Politiker, ebenfalls aufrechte Kämpfer gegen die Diktatur, sind gegen einen Boykott. Ihr Argument: in den letzten zwanzig Jahren habe sich unter der Ägide der alten Oppositionspolitiker rein gar nichts verändert. Zwar bringe der Wahlgang gewiss keine Demokratie, doch bestehe eine minimale Chance, dass sich endlich etwas, wenn auch gering, bewegen werde.
International wird der Urnengang in Myanmar mit Argwohn beobachtet. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, ein erklärter Gegner des Regimes in Myanmar, meint, es sei „nicht zu spät fuer faire und glaubwürdige Wahlen“. Auch der UNO-Menschenrechtsbeauftragte – der argentinische Anwalt Tomas Ojea Quintana - gibt sich dezidiert aber diplomatisch: „Die Regierung muss der internationalen Gemeinschaft ein deutliches Zeichen senden, dass sie gewillt ist, aufrichtige Wahlen abzuhalten“.
Keine Beobachter, keine ausländischen Journalisten
Sogar im Schosse der „Assoziation der Südostasiatischen Staaten“ (ASEAN), die sich sonst strikte an das Prinzip der „Nichteinmischung in die Innneren Angelegenheiten“ hält, wird Widerspruch laut. Der philippinische Aussenminister Alberto Romulo sprach von einer „Wahl-Farce“. Nur einen Hauch diplomatischer drückte sich neulich am ASEAN-Gipfel in Hanoi auch der indonesische Vertreter aus. In einem offenen Brief sprachen ASEAN-Parlamentarier dann Klartext: „Die Wahl ist wie eine Schönheitsoperation, um die Macht der Militärs zu legitimieren“.
Die Militärs überlassen nichts dem Zufall. Weder internationale Beobachter noch Auslands-Journalisten dürfen derzeit nach Myanmar reisen. Der Leiter der Wahlkommission, General Thein Soe, begründet diesen Schritt mit folgendem Argument: „Burma hat viel Erfahrung mit Wahlen“. Die Generalität jedenfalls zweifelt nicht am Sieg. 1990 wird sich nicht wiederholten.
Das wohl hat dem burmesischen Aussenminister am ASEAN-Gipfel in Hanoi die Bemerkung entlockt, Aung San Suu Kyi werde „vielleicht“ nach den Wahlen freikommen. Am 13. November nämlich, eine Woche nach der Wahl, steht die jährliche Überpruefung des Hausarrestes der Friedennobelpreistraegerin an.