Dabei sind die Kriegsparteien eingedenk des Debakels vom Februar 2014 nicht einmal im gleichen Raum versammelt, sondern lassen den Uno-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura als Briefträger in ihre Hotels antraben.
In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Zahl der Todesopfer des blutigen Syrienkonflikts um weitere 100.000 auf über 250.000 ausgeweitet. Noch mehr Städte und Dörfer wurden zerstört. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an die Teilnehmer der Genfer Konferenz, angesichts der unermesslichen Leiden der Zivilbevölkerung ihre Partikularinteressen zurückzustellen. Diese Worte fallen offenbar auf keinen fruchtbaren Boden. Im Nahen Osten werden Kompromisse als Zeichen der Schwäche ausgelegt.
"Niemals"
Die während des Wochenendes in Genf eingetroffenen Delegation der syrischen Regierung und einem von Saudi-Arabien unterstützten „Hohen Verhandlungskomitees“ (HNC) wiederholen ihre Maximalforderungen und Vorbedingungen. HNC-Sprecher Salem A-Mislet erklärte am Sonntag, dass seine Delegation nicht einmal an indirekten Gesprächen teilnehmen werde, so lange ihre Forderungen unerfüllt sind. Darunter fallen die Aufhebung der Belagerung von Gebieten, die von Aufständischen kontrolliert werden, und das Ende aller Angriffe durch die Luftwaffe der Regierung und Russlands.
Der syrische Informationsminister Omar Al-Zubi betonte seinerseits am Staatsfernsehen, dass die Regierung in Damaskus „niemals“ die Teilnahme von zwei „Terroristenorganisationen“ an den Genfer Verhandlungen hinnehmen werden. Es handelt sich um die Salafistengruppe „Ahrar Al-Scham“ und die „Armee des Islams“, die beide dem in Riad gegründeten „Hohen Verhandlungskomitees“ angehören.
Ausgeschlossene Kurden
Die Türkei hat mit lauer Unterstützung ihres Nato-Verbündeten USA durchgesetzt, dass die syrischen Kurden von den Verhandlungen ausgeschlossen wurden. Moskau setzte sich vergeblich für die Einladung der Kurden ein, die nach den Angaben des russischen Aussenministers Sergej Lawrow 15 Prozent der syrischen Bevölkerung ausmachen. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, wie die internationalen Spannungen auf nahezu schizophrene Weise den Syrienkonflikt anheizen. Die USA ergreifen Partei für die Türkei, wo sie im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ die Luftwaffenbasis Incirlik benutzen dürfen. Gleichzeitig sind sie bei den Bodenkämpfen auf die kurdischen Verbände angewiesen.
Der von Saudi-Arabien gesponserte syrische Widerstand begründet seine Vorbedingungen für echte Verhandlungen mit der Mitte Dezember von Weltsicherheitsrat einstimmig angenommene Resolution 2254. Diese Resolution fordert aber sämtliche Konfliktparteien in Syrien auf, „alle Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte sowie jeden unterschiedslosen Einsatz von Waffen, unter anderem Artillerie- und Bombenangriffe, sofort einzustellen“.
... vorausgesetzt, dass die Grossmächte am gleichen Strick ziehen
Die Forderung richtet sich also nicht nur an die Regierungstruppen, sondern ebenso an die übrigen Akteure. Punkt eins der Genfer Verhandlungen ist ein international überwachter allgemeiner Waffenstillstand. Wer Frieden will, muss diese schwierige Aufgabe sofort angehen, und darf sie nicht mit Umdeutungen einer Uno-Resolution torpedieren. Offen bleibt, wie mit dem „Islamischen Staat“ und der „Al-Nusra-Front“ umgegangen werden soll. Sie sind von der Uno als Terrororganisationen eingestuft worden, mit denen nicht verhandelt wird. Umgekehrt haben diese beiden radikalen islamistischen Bewegungen auch keinerlei Interesse an Verhandlungen bekundet.
Der schlechte Auftakt der dritten Genfer Syrienkonferenz seit 2012 bedeutet noch nicht viel, meinen die Optimisten. Die indirekten Verhandlungen – von der Uno „Intra Syrian Talks“ genannt – gehen weiter. Heute Montag trifft sich de Mistura hintereinander mit der syrischen Regierungsdelegation und der Oppositionsgruppe HNC. Die Gespräche sind für eine Dauer von sechs Monaten angesetzt. Bis zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Abhaltung freier Wahlen sind sogar 18 Monate vorgesehen. Im Verlauf dieser Zeit könnten sich die Haltungen verändern, vorausgesetzt, dass die Grossmächte am gleichen Strang ziehen.