Im Zuge ihrer Offensive in Russland haben ukrainische Streitkräfte einen russischen Konvoi angegriffen und 14 Fahrzeuge in Brand geschossen. Ein Video zeigt verletzte und tote russische Soldaten. Die Ukrainer sind inzwischen bis zu 20 Kilometer tief in russisches Territorium vorgedrungen. Zudem wurde der russische Luftwaffenstützpunkt Lipezk, 350 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, bombardiert. Dabei wurde ein Lagerhaus mit Hunderten Gleitbomben zerstört.
Der ukrainische Angriff auf den russischen Konvoi erfolgte nahe des Ortes Korenevo, etwa 40 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Ein 38-jähriger Mann, der die zerstörten Lastwagen filmte und das Video ins Netz stellte, wurde von den russischen Behörden festgenommen.
Moskau betont, der ukrainische Angriff in der Region Kursk sei «weitgehend» zurückgeschlagen worden. Russische Blogger vor Ort dementieren dies. Aus russischen Quellen geht hervor, dass die Ukraine «Dutzende, wenn nicht Hunderte Drohnen» eingesetzt hat. Nach russischen Angaben sind bisher bis zu 1’000 ukrainische Truppen, unterstützt von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, in die Region Kursk eingedrungen. Moskau hat inzwischen in der Region Kursk den «föderalen Notstand» ausgerufen. Russland hat am Freitag begonnen, die ukrainischen Truppen in Russland zu bombardieren. Eingesetzt wurden Su-34-Bomber.
Das ukrainische Militär betont, der angegriffene Flugplatz von Lipezk sei dafür bekannt, dass er russische Kampfflugzeuge der Typen Su-34, Su-35 und MiG-31 beherberge. Die regionalen Behörden von Lipezk erklärten den Ausnahmezustand.
«Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und muss spüren, was es getan hat», erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die ukrainische Reaktion wird von der EU gebilligt: «Kiew hat das Recht, auch in feindlichem Gebiet zuzuschlagen», erklärte ein Sprecher der EU-Kommission.
Das russische Verteidigungsministerium liess wissen, die Ukraine habe in den letzten 24 Stunden mehr als 280 Militärangehörige verloren – eine Behauptung, die von unabhängiger Seite nicht überprüft werden kann.
Am Freitag führte Russland einen Gegenschlag aus. Bei einem russischen Angriff auf ein Einkaufszentrum in der ukrainischen Stadt Kostjantyniwka nahe der Frontlinie in der Region Donezk starben 13 Menschen, mindestens 43 wurden verletzt. Auch Wohnhäuser, Geschäfte und mehr als ein Dutzend Autos wurden bei dem Angriff beschädigt.
Die BBC kommentiert: «Trotz des Einsatzes von Reservetruppen und des Befehls zur Evakuierung konnte Russland die Dynamik des ukrainischen Vormarsches nicht bremsen.»
Analysten fragen sich, was die Ukraine mit ihrer Offensive in Russland bezweckt. Schwächt sie damit nicht ihre Position in der Ukraine selbst? Ist die Offensive mittelfristig nicht kontraproduktiv? Andere weisen darauf hin, dass die Invasion eine Blamage für Russland darstellt. Da dringen plötzlich Streitkräfte des kriegsgebeutelten Landes, dem es an Kriegsmaterial und genügend Soldaten fehlt, tief auf russisches Territorium vor. Und die Russen bekunden einige Mühe, sie wieder loszuwerden. Und den Ukrainern gelingt es sogar, einen Flughafen 350 Kilometer tief in Russland zu bombardieren.