Auch Uno-Generalsekretär Antonio Guterres konnte nichts mehr tun. Obwohl er in letzter Minute versuchte, zu retten, was zu retten war, ging eine weitere Zypernkonferenz ergebnislos zu Ende. In diesen Spalten habe ich schon mehrmals über die leidvolle Geschichte der Insel der Aphrodite berichtet, die seit 1974 geteilt ist. Auf der einen Seite steht die international anerkannte Republik Zypern, während die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern mit etwa 40’000 türkischen Soldaten 37% des Bodens besetzt hält.
An der Konferenz unter der Schirmherrschaft der Uno nahmen neben dem zypriotischen Präsidenten Anastasiades und dem türkischzypriotischen Volksgruppenführer Mustafa Akıncı auch die Aussenminister Griechenlands und der Türkei sowie Großbritannien als frühere Kolonialmacht teil. Diese drei Staaten waren seit der Unabhängigkeit 1960 Zyperns Garantiemächte.
Die Konferenz ist von Anfang an unter einem schlechten Stern gestanden. Beide Seiten sind seit dem letzten Zusammentreffen in Genf bei ihrer Verhandlungsposition geblieben. Anastasiades machte im letzten Moment noch Kompromissvorschläge, bestand aber darauf, dass die türkischen Besatzungstruppen irgendwann in der Zukunft abgezogen werden.
Das Kapitel „Sicherheit und Garantien“ stellte sich also erwartungsgemäss als Stolperstein heraus, als das Problem, an dem die Einigung scheiterte. Die Türkei besteht darauf, auch in Zukunft Garantiemacht eines wiedervereinigten Zypern zu sein und dort mit Truppen zu stationieren – wenn auch weniger. Der zypriotische Präsident Anastasiades und die Inselgriechen argumentieren, ein EU-Staat wie Zypern brauche keine Schutzmacht – und schon gar nicht die Türkei, die der Europäischen Union überhaupt nicht angehört.
Der türkischzypriotische Volksgruppenführer Mustafa Akıncı apellierte, die „historische Chance“ für eine Wiedervereinigung nicht zu verpassen. Vergeblich. Denn nicht Akıncı, sondern der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu machte in Crans-Montana die Musik. Und dieser wiederum handelte im Auftrag des grossen Sultans, von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Seit einigen Monaten war abzusehen, dass Erdogan keinen Anreiz hat, in der Zypernfrage Zugeständnisse zu machen. Die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU sind heute weitgehend eingefroren, unter anderem weil sich die Türkei weigert, das EU-Land Zypern völkerrechtlich anzuerkennen und ihre See- sowie Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge aus Zypern zu öffnen.
Ein zypriotischer Freund sagte mir von einigen Monaten: „Die Türkischzyprioten sind nicht das Problem. Mit ihnen einigt man sich relativ schnell. Es kommt darauf an, was der grosse Sultan sagt.“ Er hat Recht behalten. Die Erwartung der EU und der Griechischzyprioten, die Türkei werde sich zu Kompromissen in der Zypernfrage bewegen lassen, um die Beitrittsverhandlungen voranzubringen, hat sich nicht erfüllt.