Die Nachricht hat in Frankreich wie eine Bombe eingeschlagen, von einem politischen Erdbeben ist die Rede, von einem Donnerschlag und einem Schock.
Der IWF-Chef war auf dem John F. Kennedy-Airport in New York bereits in einem startbereiten Flugzeug Richtung Paris gesessen, als ihn Polizeibeamte 10 Minuten vor Abflug festnahmen. Ein Zimmermädchen des Sofitel-Hotels am Times Square hatte ausgesagt, sie habe gegen 13 Uhr Ortszeit die Suite reinigen wollen und gedacht, sie sei alleine. Dominique Strauss-Kahn sei nackt aus dem Badezimmer gekommen, habe sie aufs Bett geworfen, versucht sie zu entkleiden und Oralsex gefordert.
Der Hotelangestellten soll es dann gelungen sein, sich zu befreien und die Polizei zu rufen. Als die eintraf, hatte der IWF-Chef das Hotel aber bereits verlassen, offensichtlich reichlich überstürzt - sein Mobiltelefon und andere persönliche Gegenstände waren zurückgeblieben.
Seine Karriere ist zu Ende
Selbst wenn sich die Anschuldigungen gegen DSK, einen der mächtigsten Männer der internationalen Finanzwelt, der laut seinem Anwalt auf unschuldig plädieren wird, eines Tages als falsch oder als Provokation oder Manipulation herausstellen sollten, seine Karriere als IWF-Chef ist seit heute Morgen beendet – auch wenn der IWF-Sprecher in den ersten Stunden danach keine Erklärung abgeben wollte. Ein Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin heute zum Beispiel und mit den EU–Finanzministern morgen kann der IWF-Generalsekretär schon nicht mehr wahrnehmen.
Doch auch in der französischen Politik dürfte die Karriere des als Charmeur und Frauenheld bekannten Strauss-Kahn zu Ende sein - seine politischen Gegner müssen kompromittierende Photos oder Videos des 62Jährigen, von denen in Paris seit Monaten die Rede ist, gar nicht mehr aus der Schublade holen.
Dabei war Strauss Kahn in den französischen Meinungsumfragen für die nächsten Präsidentschaftswahlen auf sozialistischer Seite mit Abstand am besten im Rennen gelegen und der ernsthafteste Gegner von Nicolas Sarkozy. Jetzt wird er kaum noch als Kandidat antreten können.
Martine Aubry: Unschuldsvermutung respektieren"
Der frühere Berater von Ex-Präsident Mitterrand, Jacques Attali sagte ganz deutlich, was die Präsidentschaftswahl angehe, war Strauss-Kahn bisher noch nicht offiziell Kandidat, und jetzt wird er es auch nicht sein. Man müsse zu etwas anderem übergehen, niemand sei unersetzlich. Die sozialistsiche Parteichefin, Martine Aubry erklärte: „Die Nachrichten aus New York sind ein Donnerschlag und ich bin völlig verblüfft. Ich appelliere aber an alle, die Unschuldsvermutung zu respektieren und die nötige Diskretion zu wahren“.
Der IWF-Chef war in der vergangenen Woche bereits in ein gewisses Zwielicht und in einen gehörigen Medienrummel geraten, weil er Ende April während eines Paris-Besuchs photographiert worden war, als er mit seiner Frau, der früheren Starjournalistin, Anne Sinclair, die neueste Porschelimousine bestieg, die einem seiner vier Spitzenberater gehörte, welcher für den Rüstungskonzern Lagardere arbeitet.
Anzüge für 35 000 Euro?
Nichts sehr günstig für einen möglichen Kandidaten der sozialistischen Partei. Die Tage danach waren die Zeitungen voll, über den Lebensstil, den Immobilienbesitz und das Vermögen des Ehepaars Strauss-Kahn, bis hin zum Titel der Tageszeitung "France Soir", der davon sprach, Strauss-Kahn liesse sich in Washington Anzüge für 35 000 Euro schneidern.
In Washington war der Chef des IWF bereits im Jahr 2008 kurz nach seinem Amtsantritt aufgefallen, und zwar durch eine Affäre mit einer Angestellen des Internationalen Währungsfonds, von der er nach einer Untersuchung durch den IWF allerdings weissgewaschen worden war.
Der Strauss-Kahn Vertraute und Abgeordnete Jean Paul Le Guen betonte heute in Paris, diese ganze Geschichte passe einfach nicht zum IWF-Chef, so wie er ihn kenne. Währenddessen sprachen konservative Politiker aber schon von einem Desaster und davon, dass Strauss-Kahn den Ruf Frankreichs in der Welt schädige. Front National-Chefin, Marine Le Pen, erklärte schliesslich, er sei als Kandidat für das höchste Amt im Staat definitiv disqualifiziert.
Dem kann man wohl kaum widersprechen. Die Karten für die kommende Präsidentschaftswahl in Frankreich sind neu gemischt.