Noch im Präsidentschaftswahlkampf 2016 warnte Donald Trump vor Leuten, die illegal in die USA einwanderten und dort Unschuldige töteten. Um das zu verhindern, versprach der Kandidat an der Grenze zu Mexiko eine Mauer zu bauen, die vom Nachbarland finanziert werden würde. Es war eines seiner wirkungsvollsten, wenn auch nicht ehrlichsten Wahlversprechen.
Nun hat vergangene Woche ein willkommener Ausländer auf der Luftwaffenbasis in Pensacola (Florida) drei Amerikaner erschossen und mehrere Personen verletzt. Der Täter, von unerschrockenen Sicherheitskräften getötet, war ein saudischer Offizier, der auf der Basis eine Pilotenausbildung absolvierte.
Der Vorfall erinnert von fern an die Terroranschläge von 9/11, als zivile saudische Pilotenschüler und Mitglieder von Al-Qaida Passagierflugzeuge in die beiden Türme des World Trade Center in New York und in die Aussenmauer des Pentagon in Washington DC steuerten. Doch von Terror mochte Präsident Donald Trump in einer ersten Reaktion auf die Morde in Pensacola nicht sprechen.
Über Twitter liess er verlauten, Saudi-Arabiens König Salman habe ihm «erschüttert» kondoliert und versprochen, sich um die Angehörigen der Opfer zu kümmern. Kein Wort davon, dass er von den Saudis erwarte, die Hintergründe des Vorfalls aufklären zu helfen. Selbst republikanische Politiker im Kongress, wie das FBI, sprachen von einem Terroranschlag und forderten, jene Ausländer strikter zu überprüfen, die jedes Jahr nach Amerika kommen, um sich militärisch weiterbilden zu lassen.
Dem Pentagon zufolge bildet die US-Armee derzeit 5’181 Personen aus 153 Ländern aus. 852 dieser Trainees sind Saudis. Trotz wachsendem Widerstand im Kongress unterstützen die USA nach wie vor die saudische Luftwaffe beim verheerenden Krieg im Jemen, der dem früheren CIA-Beamten Bruce Riedel zufolge derzeit «die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt» ist.
Ins Bild passt auch der Umstand, dass Donald Trump drei als Kriegsverbrecher verurteilte US-Soldaten begnadigt und die Degradierung eines vierten rückgängig gemacht hat. Dies gegen den ausdrücklichen Widerstand der Kommandanten ihrer Armeezweige, die um die Moral ihrer Truppe fürchteten. Doch für den amerikanischen Präsidenten sind die Verurteilten keine Killer, sondern Krieger, wenn nicht Helden, deren Zweck die Mittel heiligt.
Nahost-Experte Aaron David Miller erinnert in der «New York Times» daran, dass Donald Trumps Reaktion auf die Morde in Florida wohl ganz anders ausgesehen hätte, wäre der Attentäter aus einem jener islamischen Länder gekommen, die der Präsident boykottiert: «Getrieben durch Öl, Geld, Waffenverkäufe, eine Menge saudischer Feten und Schmeicheleien, hat Trump für Saudi-Arabien eine praktisch uneinnehmbare Zone der Immunität aufgebaut.» Was sich 2018 auch im Fall der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi in Istanbul gezeigt hat, in die laut US-Geheimdiensten mit hoher Wahrscheinlichkeit Riads Kronprinz Mohammed bin Salman involviert war. Bisher ohne Konsequenzen.
Noch steht nicht fest, ob die Morde in Pensacola die Tat eines radikalisierten Einzeltäters sind oder ob der 21-jährige Oberleutnant Mohammed al-Shamrani Teil einer Terrorzelle war. Zumindest verdächtig, dass drei weitere saudische Trainees, angeblich rein zufällig, den Anschlag auf dem Luftwaffenstützpunkt filmten. Ungeklärt ist ferner, wie der Täter in den Besitz einer Schusswaffe und mehrerer Magazine Munition gelangen konnte.
Zweifellos untergräbt Donald Trumps laue Reaktion erneut die Glaubwürdigkeit der USA in der Welt. Denn erneut beweist der Präsident, dass im Falle Saudi-Arabiens seine persönlichen Interessen wichtiger sind als die Ideale seines Landes. Dass ihn die Verletzung von Menschenrechten weniger kümmert als die Befriedigung seiner narzisstischer Impulse. Und dass am Ende für ihn das Fressen vor der Moral kommt.