Mit der Würde kommt die Bürde. Die USA sind immer noch, und weiterhin mit grossem Abstand das mächtigste Land der Welt. Entsprechend gross sind die Ansprüche, welche die vier von Obama besuchten Länder ( Japan und Korea sowie die Phillippinen und Malaysia) im Grossraum Asien-Pazifik (A-P) an die einzige wirkliche Weltmacht stellen. Sie wollen primär politische Rückendeckung und militärische Rückversicherung gegenüber China.
China als Gegenmacht
Dies werden sie erhalten, allein schon weil die USA ihre eigenen Intressen als pazifische Grossmacht verteidigen müssen und wollen. Der vielzitierte ‘Asia pivot’ (Hinwendung zu Asien) Washingtons bringt nichts grundlegend Neues, erscheint aber angezeigt mit Blick auf den unaufhaltsamen Aufstieg Beijings zur dominierenden Regionalmacht. Japan erhielt von Obama bereits die Bestätigung, dass dank vertraglichen Bindungen jede Aggression Chinas gegen Japan automatischen militärischen Beistand bedeuten würde. Südkorea wurde versichert, dass trotz gewaltigen Abstrichen im Pentagon die 30’000 amerikanischen Soldaten im Land verbleiben werden, allein schon als strategischer Stolperdraht gegenüber nordkoreanischen Wahnsinnsakten.
Malaysia darf den Besuch von Obama als Unterstützung für seine noch im Aufbau begriffene Demokratie, verstehen und damit als Rückweisung eines authoritären Staatsmodells wie jenes der chinesischen KP. Ähnliches gilt für andere Mitglieder der ASEAN (Association of South East Asian Nations). Die Phillippinen wünschen sich die die amerikanischen Stützpunkte zurück, welche noch vor wenigen Jahren durch innenpolitischen Druck geschlossen worden waren. Dies um Manilas Hahnenkämpfen mit China über unbewohnte Felsklippen im südchinesischen Meer grösseren Nachdruck zu verleihen.
In der Perspektive Washingtons verständlich erscheint das amerikanische Verlangen, dafür etwas zurückzuerhalten. Damit tuen sich alle vier besuchten Staaten, und viele weitere Länder im A-P-Gossraum , schwer. Dies beginnt mit einer erschreckenden Unfähigkeit zur wirksamen und nachhaltigen Bewältigung eigener Krisen. Japan hatte sein Fukushima, Korea sein Fährenunglück, die Phillippinen einen verheerenden Wirbelsturm (Taifun Haiyan) und die Malaysian Airlines haben es als erste grosse staatliche Fluggesellschaft fertiggebracht, ein eigenes Grossflugzeug spurlos verschwinden zu sehen.
Lokale Schwachpunkte
Obama hat also wohl als erstes die Stärkung eigener Strukturen, verbunden mit politischer Mässigung verlangt. So würde etwa ein zweites Fukushima der Erzeugung von Nuklearenergie und damit auch der globalen Nuklearindustrie, zumindest im Westen, wohl den Todesstoss versetzten. Mit agressiven nationalistischen Gebärden und entsprechender Rethorik heizt der japanische Premierminister Abe zudem die ohnehin spannungsgeladene Atmosphäre im ostchinesischen Meer, wo sich China immer breiter macht, unnötig auf. Auch in Südkorea, das wiederum japanischem Revanchismus seine eigenen Vergangenheitswunden herausfordernd entgegenhält, muss Obama mässigend einwirken und auf bessere Zusammenarbeit zwischen Tokio und Seoul pochen, um die gemeinsame Front gegen China zusammen zu halten.
Auf dem Weg Malaysias zur Demokratie ist die andauernede wirtschaftliche Benachteiligung von Minderheiten, direkt verbunden mit einer gewissen Islamisierung der Gesellschaft, zu kritisieren. In den Phllippinen die ungebrochene politische Macht der wenigen regiernden Familien, welche dieses einst vielversprechende Land zum ewigen Schwellenkandidaten gemacht, und im regionalen Vergleich an das Ende der Entwicklungsskala zurückgeworfen haben.
Japans zäher Agrarprotektionismus
Neben dem Hinweis auf diese strukturellen Schwächen steht ein konjunkturelles Anliegen hoch oben auf der amerikanischen Prioritätenliste für den A-P-Raum. Es handelt sich um einen von zwei globalen Pfeilern einer weiterhin westlich dominierten Welthandelsordnung, wo sich Lösungen in der Doha-Runde der WTO (World Trade Organzation) als immer weniger machbar erweisen. Im Rahmen der TPP (Trans Pacific Partnership) soll die heutige und zuküftige Realität des wirtschaftlichen Austausches (globale Produktions- und Wertschöpfungsketten) aufgefangen werden. Also nicht nur Zollvergünstigungen und Abbau andere Handelsschranken, sondern auch umfassender Schutz von geistigem Eigentum sowie die Regelung des Verhältnisses zwischen privatem und öffentlichem Sektor, eingeschlossen der Rechte und Pflichten aller jener, die an internationalen Produktionsketten beteiligt sind.
Im Verhältnis zwischen den USA und Japan, also der ersten und der vierten Weltwirtschaftsmacht geht es indes immer noch um hergebrachten Agrarprotektionismus, welchen insbesondere Tokio meisterhaft beherrscht. Die entsprechende Kompromissbereitschaft von Abe wird einen wichtigen Hinweis darauf geben, ob Japan verstanden hat, was der amerikanische Schutzschirm kostet.
Wenn sich diese beiden pazifischen Elephanten einmal geeinigt haben, werden wohl die weiteren Teilnehmer im TPP, die wichtigsten liberalen Wirtschaften in Lateinamerika und in der A-P-Region, ebenfalls zustimmen, womit ein Wirtschaftsblock entstehen würde welcher rund ein Drittel der globalen Wertschöpfung auf die Waage bringt. Dies, bewusst und zumindest zu Begin unter Ausschluss von China.
Ringen um Eingrenzung von Russland und China
Der zweite der oben erwähnten Pfeiler, noch etwas gewichtiger und anspruchsvoller als der TPP, soll das angestrebte Nordatlantische Freihandelsabkommen (TTIP, Transatlantic Trade and Investment Partnership) sein, welches im Moment zwischen der EU und den USA, damit letztlich dem NAFTA (North American Free Trade Agreement, Kanada, USA, Mexiko), also der ersten und der zweiten globalen Wirtschaftsmacht ausgehandelt wird. Dies unter Ausschluss von Putins Russland, welches auch in diesem Bereich seine internationale Akzeptibilität wegen seiner Aggression gegen die Ukraine eingebüsst hat.
Die aktuelle Parallelität zwischen der strategischen Grosswetterlage im A-P-Raum einerseits und in Europa andererseits ist offensichtlich. Von den jeweiligen Partnern angehalten, sowohl sicherheits- auch als wirtschaftspolitisch (z.B. Boykotte) die Führung zu übernehmen in der Auseinandersetzung mit einer Grossmacht welche das regionale Gleichgewicht stört, fordert Washington zunehmend Eigenleistungen dieser Partner ein. Weder im A-P-Raum noch in Europa sind kalte Kriege ausgebrochen, wohl aber müssen China respektive Russland, im gemeinsamen Bemühen aller an einer stabilen und grechten Weltordnung interessierten Länder, Grenzen aufgezeigt werden, deren Überschreitung sie mehr kostet als ein noch so verlockender Machtgewinn wert ist.