Die Hochrechnung von GFS Bern von 12.30 Uhr ergibt 71 Prozent Nein für die No-Billag-Initiative. Mit dieser Relation wird man auch für das Schlussresultat rechnen dürfen. Das ist gut für die eigenständige Versorgung des Landes mit Radio- und TV-Programmen, gut für die direkte Demokratie, gut für Schweiz! Abstimmungsresultate über 70 Prozent sind bei stark umkämpften Vorlagen selten. Umso erfreulicher, dass diese Marke hier erreicht wird!
Mit einem so klaren Ergebnis hatten selbst die Gegner noch vor kurzem kaum gerechnet. Ende vergangenen Jahres deuteten Umfragen sogar auf ein mögliches Ja für No Billag hin. Dass der Trend gedreht werden konnte, ist zu grossen Teilen dem riesigen Effort von Gruppierungen wie „Operation Libero“ sowie zahlreichen Kultur- und Medienschaffenden zu verdanken.
Aber: In Anbetracht der in jeder Hinsicht masslosen und destruktiven Initiative ist eine Zustimmung in der Grössenordnung von 30 Prozent immer noch etwas erstaunlich. Wie die Diskussionen im Vorfeld zeigten, sind viele Bürgerinnen und Bürger den Beschwichtigungen der Initianten und Unterstützer aufgesessen. Diese verkauften ihr Begehren als Anstoss zur „Verbesserung“, ja „Befreiung“ der SRG. So wurden Leute geködert, die geneigt waren, der SRG Druck zu machen oder einfach eins auszuwischen.
Die knapp dreissig Prozent erklären sich damit, dass viele der Ja-Stimmenden Unzufriedenheit und Ärger ausdrücken, aber gewiss nicht gleich die SRG und mit ihr auch noch die meisten Lokalsender versenken wollten. Dieses taktische Abstimmungsverhalten muss bei der politischen Wertung des Ergebnisses berücksichtigt werden.
Im ungewöhnlich langen und intensiven Abstimmungskampf wurde aber auch deutlich, dass jenseits des Radikalismus von No Billag der Wunsch nach einer Neuausrichtung der Medienpolitik breite Unterstützung findet. Das Departement Leuthard hat diese politische Aufgabe bislang sträflich vernachlässigt.
Mit der Umstellung der Empfangsgebühren auf die geräteunabhängige Abgabe – die entsprechende Änderung des Radio- und TV-Gesetzes war mittels Referendum vors Volk gebracht worden – schrammte die Uvek-Chefin 2015 in der Abstimmung mit 50,08 Prozent Zustimmung haarscharf am Absturz vorbei. Die politische Blamage war Folge einer totalen Verkennung der Stimmungslage. Der heutige Sieg für den Service public kann nicht über die durchzogene medienpolitische Leistungsbilanz der Bundesrätin hinwegtäuschen.
Es heisst deshalb: an die Arbeit! Noch-Bundesrätin Leuthard steht in der Pflicht. Mit immer neuen Discount-Angeboten zur Höhe der Radio-TV-Abgabe ist es nicht getan.