Dieser Mann ruht nicht. Fleissig übt er auf seinem Cello neue Stücke ein – damit er sich dann, wenn er auf die Bühne tritt, frei fühlt. Das kann man spüren und hören in diesen Tagen, wenn der 31-jährige Kian Soltani in Zürich musiziert.
Nur selten kommt es vor, dass in einem Konzert der Vater mit seinem Sohn vors Publikum tritt. Und noch sehr viel seltener kann man sich dabei auf eine Reise in eine fremde Kultur begeben. Am kommenden Sonntag ist beides der Fall. Um 17 Uhr tritt in der Kleinen Tonhalle Zürich der Cellist Kian Soltani zusammen mit dem Ensemble Shiraz auf. Zusammen spielen sie Violoncello und traditionelle persische Musik, und zum Ensemble gehört Khosro Soltani, Kian Soltanis Vater.
Saisoneröffnung mit Schumanns Cellokonzert
Mit Musik ist der heute 31-Jährige in Bregenz aufgewachsen, und immer war da auch die persische Musik seiner über ein Stipendium aus dem Iran nach Österreich gelangten Eltern. Seine Mutter, die 2004 verstorbene Farzaneh Navai, war eine der bekanntesten persischen Harfenistinnen, sein Vater spielt Fagott und Flöte und die drei persischen Blasinstrumente Ney, Duduk und Sornay. Doch noch bevor es derart fremdländisch losgeht in der Tonhalle, steht heute, Donnerstag, und am Freitag die Saisoneröffnung mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung von Paavo Järvi an, mit dem Cellokonzert a-Moll von Robert Schumann und Anton Bruckners neunter Sinfonie. Es sei «ein Konzert voller Poesie», hat Soltani über Schumanns Cellokonzert gesagt, und in seiner Sensibilität sehr anspruchsvoll.
Mit der romantischen Musik kennt Kian Soltani sich gut aus, auch mit dem «König» der Cellokonzerte, jenem von Antonín Dvořák, das er im vergangenen Jahr in der Tonhalle gespielt hat und das er mit Daniel Barenboim und der Staatskapelle Berlin auch auf CD eingespielt hat. Man konnte da einen Solisten erleben, der nicht nur wunderbar mit dem Tonhalle-Orchester harmonierte, sondern der mit seinem Instrument all die Bewegtheit und Gefühlstiefe auszudrücken vermochte, die Dvořáks Konzert zu eigen ist.
Mit dem Cello aufgewachsen
Und man konnte spüren, wie wohl er sich auf der Bühne fühlt. Es ist ein hart erarbeitetes Gefühl der Freiheit, das da in seinen Interpretationen und Auftritten zum Ausdruck kommt. Denn, hat er damals erzählt: «Man übt ein Stück immer und immer wieder, damit man dann, wenn man auf die Bühne geht, natürlich und spontan sein kann.»
Kian Soltani hat das Cello mit vier Jahren entdeckt, es ist das Instrument eines bewunderten Cousins, und von Anfang an ist es für ihn «selbstverständlich, dass ich einmal Musik machen würde». Früh zeigt sich sein Talent, mit zwölf kommt er zu Ivan Monighetti an die Musik-Akademie der Stadt Basel. Monighetti fördert ihn umsichtig und schickt ihn auch regelmässig an Wettbewerbe. Das hat ihm «geholfen, mich zu konzentrieren und immer wieder neue Levels zu erreichen».
Über Monighetti kommt Soltani auch zur zweiten wichtigen Beziehung, jener zum Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim, der ihn als Solocellisten in sein West-Eastern Divan Orchestra berufen hat. «Barenboim hat mich in vielerlei Hinsicht geprägt», sagt er. Mit ihm und mit seinem Sohn Michael Barenboim spielt Soltani auch regelmässig Kammermusik, zusammen haben sie Beethovens und Mozarts Klaviertrios auf CD eingespielt.
Die Lieblingsfilme für Cello-Orchester
Seine CD-Karriere gestartet hat Kian Soltani 2018 mit seinem Vorarlberger Pianisten-Freund Aaron Pilsan mit «Home» – mit Stücken von Schubert und Schumann – und den von ihm in Auftrag gegebenen Persian Folk Songs von Reza Vali. Hier ist sie wieder, die Verbindung der klassischen Musik mit der iranischen. Doch nicht genug, mit diesem schon erstaunlich reichen CD-Werk, hat Soltani die Corona-Pandemie mit einem besonderen Projekt überbrückt: Befreit von Konzertverpflichtungen, hat er für «Cello unlimited» die Musik seiner Lieblingsfilme für Cello arrangiert, und zwar nicht für ein einzelnes Instrument, sondern für ein ganzes Cello-Orchester. Dessen Stimmen nun spielt Soltani alle selber. Dank modernster Aufnahmetechnik sind so aus der Musik zu «Pirates oft the Carribean», «Lord oft he Rings» und anderen Filmen aufregende Klanggemälde entstanden, mal tänzerisch, mal hochdramatisch, mal stimmungsvoll.
Noch einmal wird Kian Soltani in der Tonhalle Zürich zu hören sein: am 14. Und 15. Februar 2024 mit Dmitri Schostakowitschs erstem Cellokonzert.
Kian Soltanis CDs erscheinen bei der Deutschen Grammophon.