Der Wunschkandidat Donald Trumps für das Amt des Verteidigungsministers, der Fernsehmann Pete Hegseth, hat sich sein politisches Programm auf den Körper tätowieren lassen: ein Jerusalemkreuz, das Wappen der Krieger des ersten Kreuzzugs, bei dem damals, im 11. Jahrhundert, einige tausend Muslime getötet wurden.
Hegseth zeigte es, beim sommerlichen Badeurlaub, der Öffentlichkeit gerne, und kommentierte kürzlich das Tattoo mit den Worten: «Israel, das Christentum und mein Glaube sind Dinge, die mir sehr am Herzen liegen.» Auch mit einem anderen Tattoo legt Hegseth ein Bekenntnis ab: «Deus Vult», liess er sich auf den rechten Oberarm tätowieren, «Gott will es», das Motto ebenfalls der ersten Kreuzritter. Zu einer evangelikalen Gemeinschaft gehört er zwar offenkundig nicht, wohl aber zur einer Gruppe von Islamfeinden. Er unterstützt Trumps Forderung nach einem umfassenden Einreisestopp für Muslime, warnt vor hohen Geburtenraten bei Muslimen in den USA und er beglückte Israels religiöse Rechte mit einer Aussage zum Bau eines jüdischen Tempels auf dem von den Muslimen beanspruchten Plateau mit der al-Aqsa-Moschee in Jerusalem mit den Worten «Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass das Wunder der Errichtung des Tempels an dieser Stelle nicht möglich sein sollte.»
Dass er, sollte er tatsächlich Chef des Pentagons und damit Chef über 700’000 zivile Mitarbeiter und 1,4 Millionen Militärs werden (da muss der Senat noch seine Zustimmung geben), ohne Wenn und Aber alles gutheissen wird, was Israels Premier Netanjahu fordert, hat er auch schon klar gestellt. Mit dieser eindeutigen Haltung befindet er sich, innerhalb der Trump-Administration (die ihre Arbeiten am 20. Januar aufnehmen wird) in guter Gesellschaft.
«Gott hat die Grenzen definiert, nicht die Uno»
Marco Rubio, nominiert als künftiger Secretary of State (Aussenminister) vertritt ähnliche Positionen. Noch-Präsident Joe Biden, der Netanjahu bisweilen zwar kritisierte, alle Waffenwünsche Israels aber immer erfüllte, bezichtigte er einer «anti-israelischen, antisemitischen Grundhaltung». Er spricht sich strikt gegen einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg aus – die Verantwortung für diesen Konflikt und dafür, dass er nicht beendet wird, liege einzig und allein bei Hamas, sagte er. Und die Israeli hätten ein Recht, überall in «ihrem historischen Heimatland» zu leben. Womit er meint: auch überall im palästinensischen Westjordanland.
Elise Stefanik, ausersehen für das Amt der künftigen US-Botschafterin bei der Uno, plädiert dafür, Israel jederzeit all das ohne Zögern zu liefern, was die Regierung sich wünscht – die Vereinten Nationen jedoch, ihr künftiges Arbeitsgebiet, hat sie während der letzten Monate mehrfach pauschal des Antisemitismus bezichtigt.
Und Mike Huckabee, evangelikaler Christ, nominiert als US-amerikanischer Botschafter in Jerusalem, äusserte in einem Interview, «so etwas wie Palästinenser gibt es nicht». Er verwirft die Idee einer Zweistaaten-Lösung in Bausch und Bogen und will auch nichts von «besetzten Gebieten» wissen – da handle es sich, so wie es in der Bibel stehe, um Judäa und Samaria. Und was Jerusalem betrifft: «Der einzige Weg, um Frieden zu erreichen, ist die klare Aussage, dass die Stadt niemals geteilt werden darf und dass sie als Ganzes zu Israel gehört. Die Grenzen Israels wurden ja nicht durch die Uno definiert, sondern durch Gott den Allmächtigen.»
20 Prozent für die Palästinenser
Schöne Aussichten also zumindest für die Anhänger des Likud in Israel, die Siedler und die Parteileute der Rechtsaussen-Minister Ben Gvir und Smotrich. «Make Israel great again», lassen sie bereits gross auf Plakate kleben und lassen keinen Zweifel daran, dass sie jetzt die Zeit für gekommen erachten, um das Westjordanland förmlich zu annektieren. Minister Bezalel Smotrich hat sich da ja auch schon an die betreffenden administrativen Arbeiten gemacht, um die Annexion möglichst zügig unter Dach und Fach zu bekommen. «Mit Gottes Hilfe», so sagte er, «wird 2025 das Jahr der Souveränität in Judäa und Samaria sein.» Wie eine Annexion des Westjordanlands konkretisiert werden könnte, ist allerdings noch offen.
Der Fokus liegt auf den so genannten C-Gebieten, die etwa 60 Prozent des Gebiets ausmachen, und allenfalls auf jenen Gebieten, die, aufgrund des so genannten Oslo-Friedensprozesses von 1993, gemeinsam durch Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde verwaltet werden (rund 20 Prozent). Für die 3,5 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser blieben dann noch knapp 20 Prozent von 5’860 km2. Eine Aufteilung, die nicht nur international, sondern auch bei einem (allerdings kleinen) Teil der israelischen Öffentlichkeit für Irritation sorgt.
«Eine Tragödie nach der andern»
Gideon Levy schrieb am heutigen Sonntag in der Zeitung «Haaretz»: «Eine Tragödie nach der anderen befällt Israel. Die nächste am 20. Januar, wenn Donald Trump als US-Präsident vereidigt wird. Wenn der Aussenminister, der Verteidigungsminister, der Berater des Nationalen Sicherheitsrats in Washington und der amerikanische Botschafter in Israel sich an ihre bisher geäusserten Worte halten, bringen uns die kommenden Jahre Unheil. Sie werden Israel zum Apartheid-Staat machen.»
Allerdings: «Haaretz», eine Stimme der Opposition, hat eine Auflage von nur 69’000, spricht also für eine Minderheit. Die Mehrheit in Israel denkt anders. Und was sagen die tonangebenden Politiker in Europa zu der unheilvollen Entwicklung? Es ist vorhersehbar: Man wird darauf hinweisen, wie schwerwiegend das internationale Recht übergangen wird – und wird zur Tagesordnung übergehen.