Was als "nachhaltig" beschrieben wird, gilt als unbedenklich, verlässlich und fortschrittlich. Das Wort ist ein Qualitätslabel. Vorbildlich, wer seine Ziele und Handlungen an der Nachhaltigkeit orientiert. Wir werden diese Willensbekundung im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen häufig hören.
1987 qualifizierte die Uno mit dem Brundtland-Bericht "Unsere gemeinsame Zukunft" eine Entwicklung dann als nachhaltig, wenn sie „den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen."
Das ist in einem kurzen Satz ein so langwieriges wie komplexes Programm. Ob Werbesprüche wie "nachhaltiges Fischsortiment", "nachhaltiger Genuss" oder "nachhaltige Automodelle" mit ihm etwas zu tun haben, darf berechtigterweise gefragt werden. Das inflationär verwendete Adjektiv sollte uns nicht als grüne Botschaft einlullen, sondern als rotes Signal alarmieren. Es könnte sehr wohl sein, dass wir einem Schwindel aufsitzen.
Denn zur Erfüllung der "Brundtland-Nachhaltigkeit" braucht es vorab prophetische Unfehlbarkeit, um heute zu wissen, welche Bedürfnisse und Lebensstile den Menschen in ferner und fernster Zukunft entsprechen. Genauer betrachtet ist das Kriterium für "Nachhaltigkeit" nach allen Seiten dehnbar und den Umweltschützern zu Diensten wie den Gegnern. Das "Wörterbuch der Floskeln" hat einen Eintrag mehr. Zur Freude der Wachstums-Strategen. Die Reduktions-Strategen müssten sich um eine wirksamere Definition bemühen.