Politikerinnen und Politiker sprechen uns gerne als „mündige Bürgerinnen und Bürger" an und verleihen uns damit den Status als VIP der Demokratie. Dahinter steckt die sonnige Grundannahme, als Mündige seien wir nicht nur volljährig und rechtsfähig, sondern in hohem Mass auch urteilsfähig und deshalb in der Lage, jedes noch so komplizierte Abstimmungsgeschäft bis ins Detail zu begreifen und sachlich zu prüfen.
Umgekehrt: Weil uns die „classe politique“ für neunmalklug hält, mutet sie uns verzwickteste und fachchinesisch formulierte Vorlagen zu. Das ist sehr bequem. Anstrengender wäre es, an den Verfassungsartikeln und Gesetzen gedanklich und sprachlich zu feilen, bis sie auch für Absolventen der Volksschule schlüssig und klar sind.
So lange sich die Parlamente dieser Aufgabe verweigern, ist es billig und anbiedernd, uns mit dem Mündigkeitsprädikat schmeicheln zu wollen. Bei diesem Versuch handelt es sich in Tat und Wahrheit um eine Warnung: „Achtung, mündige Bürgerinnen und Bürger, hier kommt wieder eine Vorlage, die keine Sau versteht.“ Da hilft uns nur die Ablehnung.