66,6 Prozent – das sind mehr als vier Prozent mehr als die Meinungsumfragen noch am Freitag vorausgesagt hatten.
Sofort nach Bekanntgabe des Sieges von Macron um punkt 20.00 Uhr brachen auf der Esplanade vor dem Louvre-Museum Tausende seiner Anhänger in lang anhaltenden Jubel aus. Hier, rund um die Glaspyramide, findet die Siegesfeier des jüngsten Präsidenten der 5. Republik statt.
Bereits die Resultate aus den französischen Überseegebieten, die am Nachmittag bekannt wurden, deuteten auf einen klaren Sieg Macrons hin.
Tiefe Wahlbeteiligung
25,3 Prozent der Wahlberechtigen gingen nicht zu den Urnen. Das ist der höchste Wert seit 48 Jahren. Er ist Ausdruck dafür, dass vielen Wählerinnen und Wählern keiner der beiden Kandidaten zusagte. Die Zahl der ungültigen und leeren Stimmen war mit 12 Prozent noch nie so hoch.
Mit der Wahl Macrons geht der wohl schmutzigste französische Wahlkampf zu Ende. Verantwortlich dafür waren die rüden Ausfälle, Unterstellungen und Lügen des rechtsextremen „Front National“ von Marine Le Pen.
47 Millionen Französinnen und Franzosen waren aufgerufen, an der Wahl teilzunehmen. Die Stichwahl war nötig, weil im ersten Wahlgang vor zwei Wochen keiner der elf Kandidaten das nötige absolute Mehr erreicht hatte. Damals erhielten die bestplatzierten Macron 24,01 Prozent und Le Pen 21,3 Prozent der Stimmen.
Le Pens schwacher Fernsehauftritt
Im Fernsehduell vom vergangenen Mittwoch versuchte Marine Le Pen mit Verschwörungentheorien, grotesken Lügen, Verdrehungen und Erfindungen das Ruder noch herumzureissen und ihren Rückstand wettzumachen. Doch ihr aggressives Verhalten war kontraproduktiv.
Macron legte seit dem Schlagabtausch erneut zu. Es war ihm gelungen, deutlich zu machen, dass Le Pens Programm aus einer Ansammlung polemischer und populistischer Statements besteht und dass sie von Wirtschaft wenig Ahnung hat.
Kontraproduktiver Hacker-Angriff?
Die Frage war, ob der am Freitagabend vom „Front National“ gemeldete Hackerangriff auf Dokumente von Macron die Wahl beeinflussen könnte. Florian Philippot, der scharfzüngige Sprecher des „Front National“, erklärte, die geleakten Dokumente seien „angsteinflössend“. Sie erhielten Informationen, welche die „investigativen Journalisten absichtlich unter Verschluss gehalten“ hätten. Konkret wurde er nicht.
Französische Medien gingen davon aus, dass die geleakten Daten „nichts Sensationelles“ erhalten. Ziel sei es gewesen, Zweifel zu streuen, um Macron zu schaden. Das ist offensichtlich nicht gelungen. Wer den Hackerangriff durchgeführt hat, ist unklar. Wikileaks betonte, nichts mit der Attacke zu tun zu haben. Nicht ausgeschlossen ist, dass rechtsextreme amerikanische Kreise dahinterstehen.
Französische Journalisten halten es für möglich, dass die vom FN im letzten Moment hochgekochte Affäre kontraproduktiv war, weil sie einmal mehr den rüden, polemischen Wahlkampfstil des Front National offenlegte. Dass Le Pen vor allem in den letzten Stunden an Zustimmung verlor, könnte diese These stützen.
Trotz der Freude über den Sieg sind sich die Macron-Anhänger bewusst, dass der neue Präsident vor riesigen Aufgaben steht.
(J21/hh/TF1/France2/Le Monde/Libération/Figaro/France Info/AP/EPA)