Das Gesetzespaket zur Medienförderung ist am Sonntag in der Volksabstimmung gescheitert. In erster Linie wohl deshalb, weil vielen Stimmbürgern nicht einleuchten wollte, weshalb florierende Grossverlage einen bedeutenden Teil der geplanten Subventionen einstreichen sollten. Aber staatliche Hilfsmassnahmen für private Medien sind deshalb nicht chancenlos. Es gäbe bessere Projekte, die überdies die Staatskasse kaum belasten würden.
Die Gegner der Vorlage zur Medienförderung jubeln nach dem klaren, aber nicht überwältigenden Nein (54,6 Prozent) des Stimmvolks. Am lautesten schlagen sich jene Trommler (und Trychler) auf die Brust, die den demokratisch verfassten Staat gerne grundsätzlich als Feindbild dämonisieren.
Medien, die vom Staat auf irgendeine Art unterstützt werden, ordnen diese Ideologen kurzerhand der Kategorie «Staatsmedien» zu, was zweifellos bewusst eine tendenzielle Nähe zu autoritären medialen Verhältnissen à la Putin oder Nordkorea suggerieren soll.
Neuer Vorstoss gegen SRG-Gebühren?
Für manche Kommentatoren zeichnet sich nach dem sonntäglichen Erfolg der «Staatsmedien Nein»-Kampagne deshalb bereits ein neues Kampffeld um die helvetische Medienordnung am Horizont ab. «Jetzt kommt es zum Angriff auf die SRG», titelte am Montag der «Tagesanzeiger». Konservative Kreise planten eine Initiative zur Abschaffung, Halbierung oder zumindest zur Reduzierung der gesetzlichen Gebühren für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, liest man da. Konkrete Indizien sprechen dafür, dass solche Pläne in den Reihen der «Staatsmedien»-Szenaristen ernsthaft gewälzt werden.
Doch so einfach wie beim sonntäglichen Nein zur Medienförderung aus der Bundeskasse dürften es die Gegner jeglicher staatlicher Massnahmen auf dem Medienmarkt nicht haben. Wer glaubt, eine massive Mehrheit der schweizerischen Stimmbürger sei fraglos gegen jede Form von staatlichen Medienstrukturen eingestellt, sollte sich das Resultat der «No Billag»-Initiative» vom März 2018 ins Gedächtnis rufen. Die Initiative forderte die Abschaffung sämtlicher Gebühren für alle Programme der SRG. Sie wurde mit 71.6 Prozent Nein-Stimmen und der Ablehnung in allen Kantonen wuchtig verworfen.
Das Bewusstsein, dass in einer funktionierenden Demokratie die Medienordnung nicht uneingeschränkt den sogenannten Marktkräften oder ambitionierten Milliardären mit eigner politischer Agenda überlassen werden sollte, ist also hierzulande breit gestreut. Deshalb kann man davon ausgehen, dass überzeugende staatliche Stützungsmassnahmen für Print- und Online-Medien bei den Stimmbürgern durchaus eine Mehrheit finden würden. Die Print- und Online-Medien sind hart betroffen durch die einschneidenden Verluste ihrer früheren Inserate-Einnahmen an die weltweit agierenden amerikanischen Tech-Konzerne wie Google oder Facebook.
Google-Abgaben als Ersatz für Inserate
Über Möglichkeiten, diesen Medien mit staatlicher Hilfe neue Geldquellen als Ersatz für die abgewanderten Inserate-Einnahmen zu erschliessen, wird auf internationaler Ebene seit Jahren diskutiert. Seltsamerweise aber spielten diese Überlegungen im zurückliegenden Abstimmungskampf um die Medienförderung überhaupt keine Rolle. Es geht um das sogenannte Leistungsschutzrecht. Dahinter steht die Idee, dass Facebook und Google den Zeitungen und Online-Plattformen, auf deren Artikel sie in kurzen Anrissen (sogenannte Snippets) in ihren Suchmaschinen und Netzwerken weltweit aufmerksam machen, eine Entschädigung entrichten.
Ansätze zu solchen Entschädigungen sind bereits vorhanden. In Australien etwa sind die US-Tech-Konzerne, die solche Informationen über Artikel in einheimischen Print- oder Online-Zeitungen verbreiten, zu Zahlungen an die Medienhäuser zwingend verpflichtet. Man spricht von einer Gesamtsumme von 100 Millionen Dollar jährlich, die so den australischen Medien zufliessen. Auch in der EU sind intensive Bestrebungen für ein entsprechendes Rahmengesetz im Gange. In Frankreich besteht seit drei Jahren ein Gesetz, das den Printmedien Einkünfte seitens der Tech-Konzerne einbringen soll.
Daneben gibt es Vereinbarungen von Google mit verschiedenen Medienhäusern über solche Entschädigungen, doch bisher gibt es keine verlässlichen Informationen über diese Zusammenarbeit. Es gibt auch Hinweise, dass Schweizer Medienhäuser bereits Zahlungen von Google und Co. als Entgelt für die Verbreitung von Snippets-Artikeln beziehen.
Bessere Chancen bei einer Volksabstimmung
Bei einem neuen Anlauf zur Medienförderung müsste eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die dafür sorgt, dass alle nationalen Medien, die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen und deren Inhalte von den globalen Suchmaschinen und Netzwerken verbreitet werden, einen Anteil an den Bezahlleistungen der Tech-Konzerne bekommen. Da diese Tech-Konzerne Milliarden an Inserate-Einnahmen verdienen, die früher den nationalen Medien zuflossen, könnte bei einer bestimmten prozentualen Abgabe von diesen Abgaben eine beträchtliche Summe in den nationalen Topf zur Medienförderung fliessen. Wie ein solcher Mechanismus im Einzelnen aufgegleist und geregelt werden soll, müsste in einer breiten Diskussion unter den Interessengruppen und auf parlamentarischer Ebene ausgehandelt werden.
Die Vorteile einer solchen Art von Medienförderung liegen, wenn sie intelligent und transparent organisiert wird, auf der Hand: Sie würde erstens die Staatskasse nicht belasten. Sie würde zweitens einen einigermassen fairen finanziellen Ausgleich zwischen den nationalen Medienproduzenten einerseits und den globalen Vermarktern andererseits herstellen. Und sie würde auch jenen Kräften viel Wind aus den Segeln nehmen, die jede staatliche Massnahme zur Unterstützung einer breiten Medienvielfalt als Sündenfall in Richtung «Staatsmedien» denunzieren.
Sollte in absehbarer Zeit ein derart geschnürtes Paket dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden, so müssten sich die Befürworter einer ausgewogenen Medienförderung kaum viel Sorgen um deren Annahme machen.