Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat seinem Volk das Maskentragen verordnet. Vorerst beim Einkaufen, Erweiterung der Zwangsmassnahme ist in Vorbereitung. Kurz – und da möchte man ihm widersprechen – ist sich bewusst, dass Maskentragen in unserer Kultur etwas Fremdes ist. Tatsächlich ist das freiwillige Maskentragen zu bestimmten Gelegenheiten in unserer Kultur überhaupt nichts Fremdes. Schauspieler taten es schon in der griechischen Antike, für Fasnächtler gibt es nichts Schöneres und an maskierte Teilnehmer von Demonstrationen in unseren Städten haben wir uns auch längst gewöhnt.
Sich hinter einer Maske verstecken, sich unter einer Maske in jemand anderen verwandeln, sich in buchstäblichem wie in übertragenem Sinn zu maskieren – das gehört zur Kultur und zum Selbstverständnis vieler Völker. Aber natürlich: was Kurz meint, was wir auf weltweit aufgenommenen Fotos sehen, sind diese Mund und Nase bedeckenden medizinischen Vorrichtungen, die uns und andere vor der Ansteckung mit dem Virus schützen sollen. Masken sind das, hinter denen man sich nicht wirklich verstecken will. Ob sie den Arthur-Rimbaud-Effekt «Ich ist ein anderer» zu erzeugen vermögen, bleibe dahingestellt.
Die medizinischen Masken sind umstritten. Sie könnten ein «falsches Sicherheitsgefühl» erzeugen, weil sie nicht effektiv vor einer Ansteckung schützen würden, meint das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Das BAG sieht sich dem Verdacht ausgesetzt, diese Aussage zu machen, weil es sehr wohl weiss, dass für eine weitgehende und länger dauernde Zwangsverhüllung der Schweiz die Masken fehlen.
Vier Millionen täglich bräuchten wir. Vorrätig, so der Bund, seien dreizehn Millionen. Die Wissenschafter, die in diesen Zeiten als öffentliche Auskunftgeber zum Glück mehr und mehr gefragt sind, sind sich hinsichtlich der Maskentragpflicht nicht einig. Das macht es Politikern aller Couleur leicht, sich mit Brachialthesen für diese oder jene Seite zu Wort zu melden, um mit ihren unbedarften Voten und Twittereien die allgemeine Verunsicherung zu schüren.
Was eine verordnete Maskenpflicht mit uns machen würde, lässt sich nicht voraussagen. Wirkt sie im Kampf gegen das Virus? Produziert sie Sicherheitsgefühle? Berechtigte? Falsche? Erstaunlich und unheimlich wie ein Stück Stoff, Nase und Mund verdeckend, die Gemüter zu erhitzen, die Befindlichkeiten zu beeinträchtigen vermag.