In meiner Jugend war es ein möglicher Atomkrieg, der uns in Angst und Schrecken versetzte. Kubakrise, Ungarnaufstand, Mauerbau liessen die Angst berechtigt erscheinen. Heute ist es die bevorstehende Klimakatastrophe, die weltweit Panik verbreitet. Das Schmelzen der Gletscher, der Anstieg des Meeresspiegels, die brennenden Wälder lassen die Angst durchaus berechtigt erscheinen. Entsprechend hektisch reagieren Politik und Medien. Es vergeht kein Tag, an dem nicht Schreckenszenarien verbreitet und Sofortmassnahmen gefordert würden. Kohleausstieg, Abkehr vom Fliegen, Verzicht auf Fleisch sind nur einige davon. Und dann? Hört man den Leuten zu, könnte man meinen, damit seien alle Probleme auf einen Schlag gelöst. Von den Folgen der Massnahmen und ihrer Realisierbarkeit redet niemand.
Es liegt mir selbstverständlich fern, die drohenden Gefahren für Mensch und Umwelt zu verharmlosen oder gar zu leugnen. Nur frage ich mich, warum gerade wir in den wohlstandsverwöhnten Industrienationen uns so ins Bockshorn jagen lassen. Es geht uns gut wie nie zuvor. Wir haben Arbeit, bleiben bis ins hohe Alter gesund, und Hunger kennen wir nur vom Hörensagen. Gleichwohl scheinen unsere Ängste zu- statt abzunehmen, und zwar nicht nur die realen vor Klimakollaps und Terroranschlägen, sondern auch die diffusen, die mehr mit unserem Lebensstil denn mit echter Bedrohung zu tun haben. Ihnen begegnen wir, indem wir nicht mehr rauchen, nicht mehr trinken und uns, wenn schon nicht vegan, so doch wenigstens möglichst fett-, gluten- und laktosefrei ernähren. Dass am Ende all dieser Bemühungen gleichwohl der Tod auf uns wartet, verdrängen wir, so gut es nur geht.
Ja, manche der Gefahren sind durchaus real und müssen global bekämpft werden. Andere jedoch sind Ausgeburten unserer Verlustängste. Wer viel hat, kann viel verlieren. Wer sich weder um sauberes Trinkwasser noch um Brot für seine Kinder sorgen muss, erfindet sich Sorgen, die ihm seine Ängste plausibel erscheinen lassen. Wir sollten lernen, das eine vom andern zu unterscheiden.