Die italienische Filmschauspielerin Gina Lollobrigida stirbt in Rom im Alter von 95 Jahren. Die Römerin, von allen nur «Lollo» genannt, war eine der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Zusammen mit ihrer «historischen Rivalin» Sophia Loren prägte sie das Bild der italienischen Diva, die vom Sexsymbol zum internationalen Star wurde.
Ihre Karriere begann in den Vierzigerjahren. Seither trat sie in über 70 Film- und Fernsehproduktionen auf, sowohl in Komödien als auch in Dramen.
Geboren wurde sie am 4. Juli 1927 in Subiaco bei Rom. Ihr Vater war Möbelfabrikant, der während des Krieges sein gesamtes Vermögen verloren hatte. Luigia, wie sie offiziell hiess, schrieb sich 1944 am Institut der schönen Künste in Rom ein. 1947, also mit 20 Jahren, wurde sie bei der Wahl zur Miss Italia Dritte. Sie erklärte, sie wolle mit ihren Fähigkeiten «etwas Ernsthaftes erreichen».
«Pane, amore e fantasia»
Schon bald trat sie als Statistin oder Ersatzschauspielerin in kleinen Nebenrollen auf. Doch eigentlich wollte sie Sopranistin werden. 1949 heiratete sie den slowenischen Arzt Milko Skofic. Im August 1957 wurde ihr erster Sohn Milko Jr. geboren. 1950 flog sie auf Einladung des Milliardärs Howard Hughes nach Hollywood. Hughes, bekannt für seine Vorliebe für pralle Oberweiten, war es, der auch Jane Russell entdeckt hatte. Doch schon bald kehrte Lollobrigida nach Rom zurück.
Zu ihren grössten Filmen gehört der Historienfilm «Fanfan, der Husar» (1952). 1953 spielte sie in Luigi Comencinis «Pane, amore e fantasia». Aufgrund der grossen Nachfrage drehte sie im folgenden Jahr die ebenso erfolgreiche Fortsetzung «Pane, amore e gelosia». 1955 lehnte sie den dritten Teil der Serie ab und wurde durch Sophia Loren ersetzt.
«Die Königin von Saba»
Grossen Erfolg hatte sie 1956 mit dem «Glöckner von Notre Dame», in dem sie an der Seite von Anthony Quinn auftritt. Ferner: «Trapez» (1956), «Salomon und die Königin von Saba» (1959).
«La provinciale» (1953) von Mario Soldati, «La romana» (1954) von Luigi Zampa und «Mare matto» (1963) von Renato Castellani gehören laut Kritikern zu ihren besten Filmen.
Zwei «Nastro d’Argento»
1971 liess sie sich scheiden. Ihren letzten grossen Auftritt hatte sie 1972 als Blaue Fee in Luigi Comencinis Fernsehserie «Pinocchio». Dann zog sie sich langsam aus dem Filmgeschäft zurück und widmete sich vor allem der Fotografie und der Bildhauerei.
1961 wurde Lollobrigida bei der Golden-Globe-Verleihung als beliebteste internationale Schauspielerin ausgezeichnet. Daneben gewann sie zwei «Nastro d’Argento», und sieben «David di Donatello»-Preise, die wichtigsten italienischen Filmpreise. Für den Film «Torna a settembre» mit Rock Hudson erhielt sie 1961 einen Golden Globe. Sie wurde zum Ritter der Republik ernannt. 2016 überreichte ihr Präsident Sergio Mattarella ein besonderer «David» für ihr Lebenswerk. 2018 wurde sie mit einem Stern auf dem Los Angeles Walk of Fame geehrt.
Faustdicker Familienstreit
«Ich habe das Recht zu leben, aber auch in Frieden zu sterben», sagte sie letztes Jahr in einem Fernsehinterview unter Tränen. Ihr spätes privates Leben wurde überschattet durch einen faustdicken Familienstreit. Auslöser war ihr ehemaliger 60 Jahre jüngerer Manager und Assistent Andrea Piazzola. Lollos leiblicher Sohn wirft Piazzola vor, seine Mutter betrogen zu haben, um an ihr Geld zu kommen.
Über ihre Beziehung zu Andrea Piazzola betonte Lollobrigida: «Er ist wie ein Sohn für mich, er steht zu mir, er hat mir geholfen, weiterzukommen. Er hat noch nie einen Fehler gemacht. Er ist ein guter Mensch, und weil er mir geholfen hat, hat er schreckliche Probleme. Das Leben gehört mir und ich entscheide, was ich damit mache. Die Geschenke für Andrea und seine Familie gehen nur mich etwas an, sonst niemanden.»
Millionen veruntreut?
Ihr Sohn hatte das Gericht gebeten, ihr Vermögen unter «Schutz» zu stellen, da sie nicht mehr zurechnungsfähig sei. Die Richter waren jedoch der Ansicht, dass Lollo in der Lage ist, ihre eigenen Entscheidungen für das tägliche Leben zu treffen, nicht aber für die Verwaltung von Geld, Unternehmen und Immobilien. Piazzola wird jetzt vorgeworfen, Millionen Dollar veruntreut und wertvolle Gegenstände an sich genommen zu haben.
Im Oktober 2021 bestätigte das Oberste Gericht in Italien ein Urteil, wonach ein Vormund über das Vermögen von Lollobrigida wachen soll. Lollobrigida vermutete ein Komplott ihres Sohnes Milko, um an das Erbe zu kommen. Sie erklärte, dass sie ihren leiblichen Sohn und ihren Enkel nicht mehr sehen wolle.
Kandidatin für den Senat
Bei den nationalen italienischen Wahlen im vergangenen September kandidierte Lollobrigida für einen Sitz im italienischen Senat. Sie war Spitzenkandidatin auf der Liste der populistischen, EU-kritischen Splitterpartei «Italia sovrana e popolare», ein Bündnis linkspopulistischer, kommunistischer, EU-skeptischer, EU-kritischer und linksnationalistischer Kräfte. Im Bündnis befanden sich auch Impfgegner und Kritiker der staatlichen Massnahmen zum Schutze vor der Corona-Pandemie. Die frühere Schauspielerin kämpfe für die «Freiheit der Italiener» und «die Wiederherstellung der nationalen Souveränität», erklärt die Parteiführung.
Ihre Kandidatur blieb chancenlos.