Die 95-jährige Gina Lollobrigida, Filmikone und Bildhauerin, kandidiert für einen Sitz im italienischen Senat. «Lollo» ist Spitzenkandidatin auf der Liste der populistischen, EU-kritischen Splitterpartei «Italia sovrana e popolare».
Die einstige Diva, die mit einem Stern auf dem Hollywood «Walk of Fame» geehrt wurde, kandidiert in mehreren Wahlkreisen, unter anderem in Latina, Catania, Messina, Taormina und Venetien.
Die Partei, für die sie antritt, gibt es erst seit wenigen Tagen. «Italia sovrana e populare» ist ein Bündnis linkspopulistischer, kommunistischer, EU-skeptischer, EU-kritischer und linksnationalistischer Kräfte. Einige Mitglieder des Sammelbeckens waren als harte Kritiker der Regierung von Mario Draghi hervorgetreten.
Im Bündnis befinden sich auch Impfgegner und Kritiker der staatlichen Massnahmen zum Schutze vor der Corona-Pandemie. Die frühere Schauspielerin kämpfe für die «Freiheit der Italiener» und «die Wiederherstellung der nationalen Souveränität», erklärt die Parteiführung.
Sie sagte «freudig» zu
Die Kandidatur von Lollobrigida bringt der Gruppierung immerhin einige Publizität – wenn auch viel Spott.
Die Wahlen in die beiden italienischen Kammern, den Senat und die Abgeordnetenkammer, finden am 25. September statt. Laut Umfragen wird das Rechtsbündnis von Giorgia Meloni («Fratelli d’Italia»), Matteo Salvini («Lega») und Silvio Berlusconi («Forza Italia») die Wahlen gewinnen.
Nachdem die Parteiführung von «Italia sovrana e populare» die Ex-Schauspielerin angefragt hatte, bat sie um einige Tage Bedenkzeit, sagte dann aber «freudig» zu. «Natürlich wird sie nicht in der Lage sein, an Kundgebungen in ganz Italien teilzunehmen», sagt die Parteiführung. «Ihre Kampagne wird sich hauptsächlich auf Communiqués und Videobotschaften stützen.»
Streit mit dem Sohn
Schon einmal bewarb sich Lollobrigida um ein politisches Amt. 1999 war sie Kandidatin in Romano Prodis linksgerichtetem Wahlbündnis für das Europäische Parlament, wurde aber klar nicht gewählt.
Die Schauspielerin war, wie es sich für eine Diva gehört, in einige Skandale verwickelt. Noch ist unklar, ob «Lollo» überhaupt kandidieren darf, denn sie liegt in einem schmutzigen, juristischen Streit mit ihrem Sohn und ihrem Enkel. Es geht um ihr Erbe. Ihr Sohn wirft ihr vor, ihren Assistenten Andrea Piazzola in ihrem Testament zu bevorzugen. Dieser Piazzola, sagte Lollobrigida, sei ihr «grosses Glück»; er sei für sie «wie ein Sohn, ein guter Mensch». Im vergangenen Oktober hatte das Oberste italienische Gericht entschieden, dass ein Vormund über das Vermögen der Schauspielerin wachen soll. Ihren leiblichen Sohn will Lollobrigida nicht mehr sehen.
Chancenlos
Die am 4. Juli 1927 geborene Ikone lebt heute in Rom, hat aber ein Haus in der Toscana. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren entwickelte sie sich zu einem italienischen Sexsymbol, einer Art italienischem Pendant zu Marilyn Monroe. Sie wirkte in fast hundert Filmen und Fernsehproduktionen mit. Nach ihrer Filmkarriere betätigte sie sich als Fotografin und Bildhauerin und stellte sogar im Moskauer Puschkin-Museum aus. Während dieser Zeit traf sie auch mit Wladimir Putin zusammen.
Ihre jetzige Kandidatur für einen Sitz im italienischen Senat ist chancenlos. «Doch», so spottet ein Journalist einer grossen italienischen Zeitung gegenüber Journal 21, «so gut wie Berlusconi wäre sie noch lange ...»