Die Privilegierung der Politikerinnen mit einfühlsamen Porträts kennen wir; ungefähr so: Die sich für die Landesregierung bewerbende Isabelle Moret, FDP Waadt, wirkt als klassisch frisierte Blondine und aus blauen Augen lachend zugleich attraktiv und sittsam. Gewinnend jungmädchenhaft trotz der 47 Jahre. Die schlanke Figur kommt in der dezent modischen und farblich stilsicher assortierten Garderobe anmutig zur Geltung. Eng geschnittene Hosen schmeicheln elegant den Beinen.
Perfekte Rollenverteilung
Betrachten wir die männlichen Konkurrenten gerechtigkeitshalber aus der gleichen Misswahl-Perspektive, ergeben sich nicht minder aussagekräftige Fähigheitszeugnisse:
Mit den kurzgeschorenen schwarzen Haaren präsentiert sich Ignazio Cassis, FDP Tessin, enorm vital. Er wirkt jünger als es seine 56 Jahre ahnen lassen. Den leichten Bauchansatz verdeckt er im konventionellen Anzug besser als im saloppen Poloshirt. Es strahlt zwar Lockerheit aus, kontrastiert aber mit der Lesebrille, die kaum aus der neuesten Kollektion eines coolen Labels stammt.
Der grossgewachsene Pierre Maudet, FDP Genf, tauscht die braven Krawatten gelegentlich gegen freche Fliegen und ein passendes Einstecktuch. Er gestattet sich modebewusst die Befreiung aus gedeckten Anzügen, die allerdings seinen schmalen Körperbau vorteilhaft betonen. Seine 39 Jahre könnte er mit einem trendigeren Haarschnitt optisch senken.
Die drei für die Wahl Antretenden wären auch, was sich mühelos abschätzen lässt, in textilarmer Badebekleidung ein bestechender Look: feminin sanft, männlich markant. Die Rollen sind in gewohnter Manier perfekt verteilt.
Die Qual der Wahl
Wir sind also mit den Kandidierenden summa summarum glänzend bedient. Die Wahl, für die sich die FDP in ihrer Sportabteilung umsah, wird zur echten Qual. Wer es sich molliger, faltiger oder wuscheliger erträumt, muss bis zur nächsten Vakanz warten. In einer Regierung mit bloss sieben Mitgliedern können die Schönheitsideale nicht vollständig vertreten sein, obwohl es staatspolitisch wünschenswert wäre.
Gleichbehandlung – aber anders herum
Bis dahin sind Geduld und Toleranz verlangt. Und im Ernst vielleicht noch etwas: Schluss mit dem Macho-Gehabe, Politikerinnen – und Frauen überhaupt – zur Beurteilung der Laufbahnkompetenz auf den Laufsteg zu schicken und mit den Stielaugen zu begrapschen.