Zum Trauerspiel um den Pfarrer von Bürglen n ist schon fast alles gesagt. Das Verhalten einer Kirche, die ihren Geistlichen das Segnen von Tieren, Autos und Waffen erlaubt, das Segnen zweier sich liebender Frauen hingegen verbietet, ist und bleibt ein Skandal. Fast noch skandalöser als das Vorgehen selbst sind jedoch die Begründungen, die das Bistum Chur im nachhinein vorlegt. Davon soll hier die Rede sein:
1. Die Kirche könne nicht anders, heisst es. Das stimmt nicht. Rom hat in der Vergangenheit immer mal wieder Irrtümer korrigiert und Positionen verändert.
2. Pfarrer Bucheli hätte diskreter vorgehen sollen. Das ist verlogen und zeigt einmal mehr, dass in dieser Institution alles geht, es darf nur nicht publik werden. Und schliesslich
3. die Absetzung des Seelsorgers geschehe zum Schutz verunsicherter Gläubiger, die von Priestern eine klare Haltung hinsichtlich der Lehre der Kirche erwarteten.
Mit Verlaub, auch dieses Argument trifft daneben. Geschützt werden müssen die Gläubigen nicht vor einem Pfarrer, der die kirchliche Familienlehre „verunklärt“, wie es im Churer Hirtenbrief vom vergangen Sonntag hiess. Geschützt werden müssen sie vielmehr vor einer kirchlichen Obrigkeit, die ob ihrer vermeintlich gültigen Lehre die Sorge um den konkreten Menschen aus den Augen verloren hat. Das Verhalten gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren ist gleichsam die Lackmusprobe, an der kirchliche Morallehre sich künftig bewähren muss.
Dies hat die Basis klar erkannt und sich entsprechend über den Entscheid des Churer Bischofs empört. Dort müsste man sich einmal überlegen, von welcher Basis, von welchen Gläubigen man eigentlich spricht: von dem kleinen Kreis Ewiggestriger, die alles nachbeten, was von oben kommt, oder aber von all jenen, die gelernt haben, ihren Kopf zu gebrauchen und in Fragen der Moral das eigene Gewissen zu befragen.
Ihre Haltung in Sachen Ehe und Familie ist längst klar, nur stimmt sie eben in vielem nicht mehr mit der Lehre der Kirche überein. Das hat die weltweite Umfrage vom vergangenen Herbst deutlich gezeigt – und die Glaubenshüter entsprechend nervös gemacht.