Zwei vom UNO-Menschenrechtsrat (MRR) ernannte Sonderberichterstatter lieferten getrennt ihre Erkenntnisse über die schweren Missstände in Nordkorea und Iran ab. Politisch haben die letzte stalinistische Diktatur und das Regime der Mullahs nichts gemeinsam ausser ihr offenes oder verhülltes Streben nach Atomwaffen und den Austausch von Nuklear- und Raketentechnologie. In beiden Ländern wird aber jegliche Opposition brutal unterdrückt.
Nach der Niederschlagung der Protestbewegung von 2009 in Iran hat der MRR einen Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik eingesetzt. Mit dieser Aufgabe betraut wurde der frühere Aussenminister der Maldiven, Ahmed Shadeed. Über die Zustände in Nordkorea legt seit 2004 ein Sonderberichterstatter des MRR jedes Jahr einen Bericht vor. Derzeit hat der Indonesier Marzuki Darusman dieses Amt inne. Sowohl Iran wie Nordkorea weisen diese Untersuchungen zurück und verweigern den Sonderberichterstattern einen Augenschein vor Ort.
"Ein Agent der CIA"
Schon bevor Shaheed dem in Genf tagenden Menschenrechtsrat seinen jüngsten Bericht vorlegte, fuhr das Regime in Teheran schweres Geschütz gegen ihn auf. Der Vorsitzende der iranischen Menschenrechtsbehörde, Dschavad Laridschani, ein Bruder des Parlamentspräsidenten, bezeichnete Shaheed als einen Agenten der CIA, der Schmiergelder vom US-Aussenministerium erhalte.
Der Sonderberichterstatter liess sich aber nicht einschüchtern. „Die Verletzungen der Menschenrechte in Iran sind weit verbreitet und systematisch“, erklärte er in Genf. Insgesamt habe sich die Lage verschlimmert und verschlechtere sich weiter. Shadeed umging das Einreiseverbot, indem er für seinen jüngsten Rapport 196 Opfer und Zeugen befragte, davon zwei Drittel in Iran mit Hilfe von Telefonaten und E-Mails.
Im Geheimen vollstreckte Todesurteile
Nach seinen Erkenntnissen sind vergangenes Jahr in Iran 497 Menschen hingerichtet worden - 80 Prozent davon wegen angeblicher Drogendelikte, die nach dem internationalen Rechtsempfinden keine Kapitalverbrechen darstellen. Mit dem Tode können in Iran auch Ehebruch und Alkoholkonsum bestraft werden. 58 Hinrichtungen fanden 2012 als öffentliche Spektakel statt. Etwa die Hälfte der von iranischen Gerichten verhängten Todesurteile wurde jedoch geheim vollstreckt, ohne die Familienangehörigen oder die Anwälte davon in Kenntnis zu setzen.
Schwere Folterungen würden methodisch angewendet. Davon betroffen seien insbesondere Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und prominente Rechtsanwälte, die sich politisch heikler Fälle annehmen. Diese Personengruppen würden „belästigt, verhaftet, verhört und gefoltert“. Die Anklage beziehe sich häufig auf vage definierte „Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“. Vergangenes Jahr wurden in Iran mindestens 17 Journalisten verhaftet; seit Anfang 2013 kamen 45 weitere hinzu. Auch mindestens zehn Anwälte seien derzeit im Gefängnis.
Diskriminierte Frauen
Fünf Kurden, mit denen Shaheed Kontakt aufnehmen konnte, wurden in der Folge schwer gefoltert, um Geständnisse über ihre Beziehungen zum UNO-Sonderberichterstatter zu erpressen. Shaheed forderte die iranischen Behörden auf, die Diskriminierung von ethnischen und religiösen Minderheiten aufzuheben. Diskriminiert würden auch die Frauen, denen es nach einem Ukas des Wissenschaftsministeriums vom Juni 2012 verboten ist, sich für 77 Studiengebiete an den Universitäten einzuschreiben. Frauen dürfen auch nicht als Richterinnen arbeiten.
Der Delegierte Teherans beim Menschenrechtsrat bezeichnete den Bericht als eine „Kompilation unbegründeter Anschuldigungen“ sowie „das Produkt einer ungesunden, unobjektiven und kontraproduktiven Übung, die von den USA und ihren europäischen Verbündeten ausgelöst wurde“. Als muslimische Nation habe Iran das Recht, Lebensstile und Moden abzulehnen, die der Westen dem Rest der Welt aufzwingen wolle, ohne den kulturellen Unterschieden Rechnung zu tragen.
Konzentrationslager in Nordkorea
Nahezu unvorstellbar ist die Menschenrechtslage in Nordkorea. Sonderberichterstatter Darusman stellt fest, dass in der völlig abgeschotteten sogenannten Volksrepublik an die 200.000 Menschen in Konzentrationslagern eingesperrt leben. Satellitenfotos dokumentieren sechs grosse KZ in der Wildnis der Provinzen Süd-Pjongan, Süd-Hamkjung und Nord-Hamkjung, die ständig erweitert werden. Nach den Informationen des Sonderberichterstatters bestehen diese Lager in der Regel aus Baracken von 50 Quadratmeter Wohnfläche, in denen jeweils 30 bis 40 Menschen zusammengepfercht sind. In den meisten Lagern werden den Häftlingen keine Kleider geliefert.
Um zu Zwangsarbeit und Lagerhaft verurteilt zu werden, braucht es nicht viel. Das nordkoreanische Gesetzbuch kennt 14 Arten von Verbrechen gegen den Staat oder gegen das Volk, 16 Typen von Störungen des nationalen Verteidigungssystems, 104 Wirtschaftsverbrechen, 26 Verletzungen der sozialistischen Kultur, 39 Verunglimpfungen des Verwaltungssystems und 20 Arten von Schädigungen des sozialistischen Gemeinschaftslebens. Auf etliche dieser „Verbrechen“ steht die Todesstrafe.
Darusman prangert auch die „manipulative Kontrolle der der Lebensmittelverteilung durch das Regime“ an. „Indem die Behörden bestimmen, wer Essen erhält und wer nicht, benutzen sie den Verteilungsprozess als ein Mittel zur Kontrolle der Bevölkerung und machen sie vom Regime abhängig“, schreibt der Sonderberichterstatter. Er sieht darin eine Missachtung des Rechts auf Leben und fordert, die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor eine internationale Gerichtsbarkeit zu bringen.