Mit wem man in diesen Tagen rund um St. Peter auch immer spricht, alle sagen das Gleiche: Das Klima im Vatikan hat sich seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus grundlegend verändert. Es ist nicht nur das bescheiden-freundliche Auftreten des Pontifex, das auffällt, es ist vor allem der kollegiale Umgang, der sich auf die Atmosphäre in- und ausserhalb der Kurie auswirkt. Der Papst, der sich nach wie vor weigert, im apostolischen Palast zu wohnen, ist ein Mann der spontanen Worte und Taten. Er ist gern unter Menschen, er nimmt selbst das Telefon zur Hand, wenn er Fragen hat, und er macht auch manchmal Aussagen, die nicht durch den Filter lehramtlicher Begutachtung gegangen sind. Die machen dann die Runde und erwecken den Eindruck, als ob sich hinter den Mauern des Vatikans fundamentale Veränderungen vollzogen hätten.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Und darin sehen Kenner der Szene eine grosse Gefahr. Im Oktober findet in Rom die Sondersynode zum Thema „Familie“ statt, auf der die Ergebnisse der weltweiten Umfrage vom November letzten Jahres erörtert werden sollen. Die Aussagen der Gläubigen an der Basis standen zum Teil in krassem Widerspruch zu den Ansichten der Obrigkeit. Umso höher sind jetzt die Erwartungen, die in den Papst gesetzt werden. In Rom jedoch sind sich praktisch alle einig, dass er sie nicht erfüllen wird. Die Enttäuschung, die daraus erwächst, könnte dann ebenso gross sein wie die Begeisterung, die zur Zeit noch herrscht.