So richtig glauben wir es noch nicht, dass hier jetzt Krise sein soll. Zwar malen die Medien den Frankenschock in dramatischen Farben. Schon hört man Parteien und Verbände vorsorglich und noch etwas vage ihre Positionen abstecken zu Fragen, wie: Muss Lohnabbau erwogen werden? Soll man mit Kurzarbeit Entlassungen verhindern? Muss der Staat exponierte Branchen entlasten? Soll er die kostspielige Energiewende hinausschieben? – Doch so ganz ernst sind diese Voten bislang nicht gemeint. Sie testen eher die jeweiligen Gegenspieler, als dass sie direkt auf politische Aktionen hin zielten.
Noch geniesst die Schweiz das Vorrecht, die Krise vorwiegend im Modus des Geplänkels zu erfahren. Dabei wissen alle: Das kann sich rasch ändern. Die Euro-Turbulenzen können zum Orkan werden und auch uns treffen. Ein paar notorische Bescheidwisser geben bereits wieder glasklare Prognosen zum Besten. Es lohnt sich nicht, auf sie zu hören. Klüger ist es, sich der fundamentalen Ungewissheit zu stellen und vor diesem Hintergrund eine vernünftige Politik zu machen. Ansätze dazu sind vorhanden.
Optimistische Parolen wie «der Euro wird sich bei 1.10 Franken einpendeln» oder Beschwichtigungen wie «der Euro war 2011 schon einmal fast bei Parität» taugen nicht als Grundlage. Besser geht man von nicht gerade rabenschwarzen, aber schmerzhaften und nicht völlig unwahrscheinlichen Szenarien aus. Vor diesem Hintergrund ist das ganze Arsenal der wirtschaftlichen und politischen Optionen auszubreiten. Alle machbaren und erfolgversprechenden Massnahmen müssen geprüft und zwischen den Akteuren im Voraus verhandelt werden.
Die eingangs erwähnten Ideen zur Krisenbekämpfung gehören deshalb aufs Tapet, und zwar ernsthaft. Sie müssen sogar um viele weitere ergänzt werden, die im politischen Normalbetrieb als anstössig gelten würden, beispielsweise Massnahmen zum Schutz inländischer Unternehmen vor ausländischer Billigkonkurrenz beim Beschaffungswesen. Alle Beteiligten müssen ihre Empfindlichkeiten herabsetzen und ihre politischen Tabus erst einmal sistieren. Nur so kann es gelingen, sich für mögliche Ausnahmesituationen zu wappnen. Sollte es zu einer Verfestigung oder gar Zuspitzung der Krise kommen, so muss schon klar sein, was zu tun ist. Die vorbereiteten Massnahmenpakete müssen durchführbar, wirksam, sozial verträglich und politisch einigermassen ausgeglichen sein. – An die Arbeit!