Katalonien ist etwa so gross wie Belgien und hat etwa so viele Einwohner wie die Schweiz. Das sind fast schon ausreichende statistische Voraussetzungen für eine Unabhängigkeit. Aber anders als die Schweiz hat es seine Grossbanken verloren, die ihre Hauptsitze aus Angst vor der Unabhängigkeit ins spanische „Ausland“ verlegt haben. Über tausend andere Firmen sind ihnen gefolgt. Der Tourismus droht zu leiden und der spektakuläre Aufschwung der Auslandsinvestitionen im vergangenen Jahr wird sich kaum wiederholen. Der Schaden ist bereits da.
Dies konnte der katalanische Ministerpräsident Puigdemont voraussehen, bevor er seine „Einseitige Unabhängigkeitserklärung“ abgab. Das wirtschaftliche Risiko interessiert ihn aber nicht, ebenso wenig wie der finanzielle Aspekt (riesige Verschuldung gegenüber der spanischen Zentralbank, Auswirkungen eines zwangsläufigen Verlustes der Zugehörigkeit zur EU und Euro-Zone). Solche Folgen lassen sich natürlich einmal wieder einrenken, sofern Spanien seine Zustimmung gibt. Zurzeit undenkbar, denn selbst die Sozialisten in Madrid unterstützen – wenn auch mit immer mehr Vorbehalten – den rigiden bis brutalen Kurs des konservativen Ministerpräsidenten Rajoy, der zuerst den Eiferer Puigdemont – aber nicht die katalanische Autonomie – weghaben will. Beide kennen das Wort „Dialog“ nicht.
Die beliebten Vergleiche mit gelungenen Entlassungen in die Unabhängigkeit hinken deshalb. Die Voraussetzungen sind nicht die gleichen. In Madrid versteht man nicht, dass Katalonien vor allem eine gehätschelte „Kulturnation“ sein will, sofern die Kasse stimmt. Also hätte man ihr schon lange die gleiche Finanz- und (relative) Steuerhoheit zugestehen können wie den Basken. Diese haben sich nach langen Terrorjahren beruhigt. Es ist zu befürchten, dass es in Katalonien noch schlimmer werden muss, bevor es besser werden kann.