Die Senatoren-Nachwahl im US-Bundesstaat Alabama ist gleich mehrfach zum Signal für die Politik des Landes geworden. Klar ist zunächst, dass der Präsident eine Schlappe einsteckt. Roy Moore, der von Trump unterstützte Kandidat, verliert gegen den Demokraten Doug Jones. Die republikanische Mehrheit im hundertköpfigen US-Senat schmilzt dadurch auf prekäre 51 Sitze.
Eigentlich hatte Trump in Alabama einen anderen Kandidaten ins Rennen schicken wollen. Luther Strange, ein vergleichsweise gemässigter Republikaner, sollte den freigewordenen Senatssitz sichern. Doch Hardliner wie der „Breitbart“-Chef Stephen Bannon und die Tea-Party-Exponentin Sarah Palin legten sich quer und drückten in der Vorwahl den Ex-Richter Roy Moore durch, einen fanatischen Evangelikalen, der offen Schwule hasst und die Sklaverei glorifiziert.
Trump fürchtete bei einer Wahl des Extremisten Moore um die letzten Reste von Zusammenhalt und politischer Steuerbarkeit seiner Partei. Doch Moore gewann die Vorwahl, und so blieb für Trump und das Partei-Establishment nur die Flucht nach vorn. Nach der Niederlage des gern bewaffnet zu Pferd posierenden Kandidaten bleibt der Parteispitze nun immerhin das „unguided missile“ Moore erspart, aber der Senatssitz ist weg. Zu dieser Niederlage kommt noch der Autoritätsverlust. Vor aller Augen hat Trump die Kontrolle über seine Partei verloren.
Moore wäre in seinem erzrepublikanischen Bundesstaat gewiss nicht abgestürzt, hätten nicht gravierende Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe wie Pech an ihm geklebt. Aggressiver Rassismus und himmelschreiende Bigotterie hätten nicht genügt, um diese fürchterliche Figur in Alabama scheitern zu lassen. Nun trifft es sich aber, dass ein gewisser Harvey Weinstein zeitgerecht vor dieser Wahl die „#MeToo“-Bewegung ins Rollen gebracht hat. Wie Lauffeuer gehen seither Aussagen von Frauen und Männern durch Soziale Medien, die von Belästigungen, Übergriffen und Vergewaltigungen berichten. Unversehens ist der sexuelle Machtmissbrauch im Scheinwerferlicht.
Trump selber ist, spätestens seit im Wahlkampf seine frauenverachtenden Allüren zutage traten, auch in dieser Hinsicht unter Beobachtung. Zahlreiche Frauen haben ihn schon vor längerem öffentlich wegen Übergriffen beschuldigt. Bis vor kurzem konnte der Präsident das vom Tisch wischen. Doch „#MeToo“ verändert gerade die Wahrnehmung und Diskussion des Themas in den USA. Drei von Trumps Opfern scheinen nun Ernst zu machen.
Mit Blick auf die kürzlich hervorgetretenen Frauen sagte die bislang als treue Trump-Anhängerin geltende UN-Botschafterin Nikki Haley, sie sei „unglaublich stolz“ auf Geschlechtsgenossinnen, die mit ihren Erfahrungen in die Öffentlichkeit gingen. Und: „Wir sollten Frauen zuhören, wen auch immer sie beschuldigen.“ – Der Präsident soll getobt haben.
Trump hat nicht mehr allein mit seinen Russland-Connections einen Klotz am Bein. Sein notorischer Sexismus könnte für ihn bald zur womöglich noch grösseren Belastung werden.