Der Zufall will es, dass gegenwärtig gleich drei Ereignisse, die mit Kunst oder eben mit Nicht-Kunst zu tun haben, die Gemüter eines interessierten Publikums zu bewegen vermögen: der Hafenkran neben dem Zürcher Rathaus, ein Dokumentarfilm samt Buch, die den Bilderfälscher Wolfgang Betracchi porträtieren und ein New Yorker Kunstfälscherskandal, in die ein Schweizer Experte verwickelt ist. Die drei Ereignisse scheinen geeignet, einem das Prekäre und Fragile aufzuzeigen, das dem Begriff „Kunst“ eignet. Beim Hafenkran fällt die Hilflosigkeit auf, die Befürworter wie Gegner erfasst, wenn sie sich als Deuter versuchen. Kunst ist, wenn gestritten wird, heisst es dann beispielsweise; oder wenn gedacht wird; oder wenn´s der Markt richtet. Fälscher Betracchi hat sich nicht damit begnügt, berühmte Gemälde zu kopieren; er hat Malstile imitiert und auf eigene Sujets angewendet. Sind das noch Fälschungen, ist das nicht Kunst so gut wie die imitierte? Und dann der Experte. Er muss es doch wissen! Ist er nicht unser Garant für die Echtheit von Kunst? Und täuscht sich – oder uns. Erklärt Nicht-Rothko für Rothko. Aus Ueberzeugung oder wider besseres Wissen. Wenn selbst der Fachmann nicht mehr zwischen Kunst und Nicht-Kunst unterscheiden kann, wer dann? Am ehesten noch die Putzfrau, deren geflügeltes Wort nach der Finissage einer Beuys-Ausstellung in Deutschland Eingang in die Kunstrezeptionsgeschichte fand, weil es das Sein oder Nichtsein von Kunst glasklar beschreibt. Sie soll ihren Chef gefragt haben: ist das Kunst oder kann das weg?
Ist das Kunst?
Eine Frage, auf die es keine befriedigenden Antworten gibt.