Israel hat seine Unabhängigkeitserklärung von 1948, die palästinensische Hamas ihre sogenannte Charta, eine Verfassungsurkunde. Gerade heute, in den Kriegstagen, in denen sich Israel gegen den faschistischen Islamismus der Hamas verteidigt, lohnt es sich, die Grundlagen der Motivation zur Unabhängigkeit beider Parteien näher anzusehen. Es würde zu weit führen, die israelische Unabhängigkeitserklärung und die Hamas-Charta im Einzelnen zu kommentieren. Von den beiden Gründungsdokumenten seien hier je drei Text-Auszüge präsentiert.
Aus der israelische Unabhängigkeitserklärung
[1] Der Staat Israel wird der jüdischen Einwanderung und der Sammlung der Juden im Exil offenstehen. Er wird sich der Entwicklung des Landes zum Wohle aller seiner Bewohner widmen. Er wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels gestützt sein. Er wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu bleiben.
[2] Wir wenden uns – selbst inmitten mörderischer Angriffe, denen wir seit Monaten ausgesetzt sind – an die in Israel lebenden Araber mit dem Aufruf, den Frieden zu wahren und sich aufgrund voller bürgerlicher Gleichberechtigung und entsprechender Vertretung in allen provisorischen und permanenten Organen des Staates an seinem Aufbau zu beteiligen.
[3] Wir reichen allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und zu guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf. (Quelle: HaGalil)
Aus der Hamas-Charta
Artikel 7: Weil Muslime, die die Sache der Hamas verfolgen und für ihren Sieg kämpfen (...), überall auf der Erde verbreitet sind, ist die Islamistische Widerstandsbewegung eine universelle Bewegung. (...) Hamas ist eines der Glieder in der Kette des Djihad, die sich der zionistischen Invasion entgegenstellt. Dieser Djihad verbindet sich mit dem Impuls des Märtyrers Izz a-din al-Quassam und seinen Brüdern in der Muslimbruderschaft, die den Heiligen Krieg von 1936 führten; er ist darüber hinaus (...) mit dem Djihad der Muslimbrüder während des Kriegs von 1948 verbunden, wie auch mit den Djihad-Operationen der Muslimbrüder von 1968 und danach. (...) Der Prophet – Andacht und Frieden Allahs sei mit ihm, – erklärte: Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn! (...)
Artikel 22: Die Feinde häuften (...) einen riesigen und einflussreichen materiellen Wohlstand an, der sie in die Lage versetzte, ihren Traum umzusetzen. Dieser Reichtum erlaubte es ihnen, die Kontrolle über die Weltmedien wie zum Beispiel Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Verlagshäuser, TV-Sender und weitere Dinge dieser Art zu übernehmen. Sie nutzten diesen Reichtum ebenfalls aus, um Revolutionen in verschiedenen Teilen der Welt anzustacheln, um ihre Interessen zur realisieren und die Früchte zu ernten. Sie standen hinter der Französischen Revolution und hinter den kommunistischen Revolutionen und den meisten Revolutionen, von denen man hier und da hört. (...) Sie nutzten das Geld ebenfalls dazu, die Macht über die imperialistischen Länder zu gewinnen und sie dazu zu bringen, viele Länder zu kolonisieren, um die Reichtümer dieser Länder auszubeuten sowie ihre Korruption dorthin zu verbreiten.Hinsichtlich der regionalen und weltweiten Kriege ist es zweifellos soweit gekommen, dass die Feinde hinter dem I. Weltkrieg standen um so das Islamische Kalifat auszulöschen. Sie sammelten materielle Ressourcen und übernahmen die Kontrolle über zahlreiche Quellen des Wohlstands. Sie erreichten die Balfour-Erklärung und etablierten den Völkerbund, um mit den Mitteln dieser Organisation über die Welt zu herrschen. Sie standen ebenfalls hinter dem II. Weltkrieg, in dem sie immense Vorteile aus dem Handel mit Kriegsausrüstungen zogen und die Etablierung des Staates Israel vorbereiteten. Sie inspirierten die Errichtung der Vereinten Nationen und des Sicherheitsrats, um den Völkerbund zu ersetzen und die Welt mithilfe ihrer Mittelsmänner zu beherrschen. Es gab keinen Krieg, an welchem Ort auch immer, der nicht ihre Fingerabdrücke trägt. (...)
Artikel 28: Die zionistische Invasion ist auf verschlagene Weise bösartig. Sie schreckt nicht davor zurück, verschlungene Weg zu wählen und alle verabscheuungswürdigen und widerwärtigen Mittel anzuwenden, um ihre Ziele zu erreichen. Um sich einmischen und Spionageaktivitäten vornehmen zu können ist sie in großem Maß auf die Geheimorganisationen angewiesen, z.B. die Freimaurer, die Rotary Clubs, Lions und andere. All diese Geheimorganisationen, von denen einige auch offen arbeiten, agieren für die Interessen des Zionismus und wollen unter dessen Anleitung die Gesellschaften zerstören, Werte vernichten, Verantwortlichkeiten ausschalten, Tugenden ins Schwanken bringen und den Islam auslöschen. Sie steht hinter der Verbreitung von Drogen und Giften aller Art, die ihr Machtausübung und Machtausdehnung erleichtern sollen.(...)
(Quelle:Mathias Kuentzel: Sprache der Vernichtung)
Ein Kommentar aus israelischer Sicht
Man vergleiche die beiden Text-Auszüge. Hass ist im israelischen Gründungsdokument nicht zu finden, aber eine ausgestreckte Hand. Von menschlichem Fortschritt und Gleichberechtigung ist in der Hamas-Charta nichts zu lesen, genauso wenig von Demokratie und allem was eine freie Gesellschaft ausmacht. Hamas hasst Juden an sich, nicht nur die in Israel, etwas das sie mit anderen islamistischen Gruppierungen teilt.
Das Wort „Frieden“ steht in der Hamas-Charta nur dann, wenn sie mit diesem Wort Allah preist. Von Erziehung und Kultur ist keine Rede – diese Charta ist ein Ausdruck purer Barbarei und puren Hasses. Wie andere palästinensische judenfeindliche Manifeste, ist die Hamas-Charta auch Ausdruck islamistischer Frustration gegenüber dem Staat der Juden. (Ich schreibe bewusst nicht jüdischer Staat, da dieser Ausdruck eine religiöse Komponente haben könnte. Israel ist – und soll es bleiben – ein säkularer Staat der Juden und seiner Minderheiten.)
Die islamistische Frustration ist auch ein Resultat emotionaler Kränkung und des Hasses nicht nur gegenüber Israel, sondern gegenüber der gesamten industrialisierten modernen Welt. Alle diese verschiedenen Affronts kumulieren und sind ganz offensichtlich Teil der heutigen kollektiven Psyche islamistischer Bewegungen.
Statt sich mit Terror an ihr zu rächen und sich durch eigene Arbeit und eigene Anstrengung aus ihrem selbst erzeugten Sumpf herauszuziehen, werden unbeteiligte als Sündenbock gesucht und gefunden. Etwa den längst toten Kolonialismus, die Moderne oder die Juden. Andere, vor langer Zeit aus dem Kolonialismus entlassene Länder, vor allem im Fernen Osten, haben sich dieser Herausforderung längst schon erfolgreich gestellt. Darauf hat unter anderen Bernard Lewis, einer der Doyens unter den Arabisten und Islamwissenschafter aus Princeton, verschiedentlich hingewiesen.
Vieles hat sich seit der Veröffentlichung der israelischen Unabhängigkeitserklärung seither geändert. Von den Unterzeichneten lebt niemand mehr. Vom Sozialismus der Gründerjahre ist wenig geblieben, ausser dem heute wieder wachsenden nachdrücklichen Zusammengehörigkeitsgefühl der israelischen Bürger - Ausnahmen vorbehalten. Existenzielle Bedrohung durch einen Feind, der einer Ideologie des Rassenhasses frönt und entsprechend motiviert ist, kann leider nicht nur, wie bis anhin, den Zusammenhalt, sondern eben auch Abneigung, ja Hass gegen einen solchen Feind fördern.
Das aussergewöhnliche Anwachsen einer nationalistischen Rechten in Israel, früher eine kleine, heute ein grosse Minderheit in Israel, die zum Teil durch eine spezifische Art extremistisch-rassistischer-religiöser Siedler Einfluss auf die Politik und das Verhalten seiner Regierung nimmt, ist ein Resultat davon.
Die grosse Volksmehrheit Israels kennt und unterstützt aber heute die Absicht der Regierung, die Hamas zu entwaffnen und als politische Macht zu zerstören. Nach Kriegsschluss soll die Armee möglichst schnell aus dem Gazastreifen abgezogen werden.