Die UNO-Generalversammlung hat diese Woche mit 174 gegen sechs Stimmen bei sechs Enthaltungen Israel erneut aufgefordert, sein Nuklearprogramm offenzulegen und dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten. Die Resolution drängt auch auf Verhandlungen zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten.
Die USA knicken ein
Gegen die Entschliessung stimmten nur Israel, die USA, Kanada, die Marshall-Inseln, Mikronesien und Palau. Dieses Ergebnis zeigt, wie isoliert Israel auf der internationalen Bühne ist. Die überwältigende Staatenmehrheit hält eine atomwaffenfreie Zone vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean für den Königsweg, den israelisch-arabischen Konflikt zu entschärfen und den Streit über das iranische Nuklearprogramm beizulegen.
Auch die USA waren dafür, Mitte Dezember in Helsinki Vorgespräche über den Bann aller Massenvernichtungswaffen im Nahen und Mittleren Osten zu beginnen. Angesichts der Weigerung Israels, an einem solchen Treffen teilzunehmen, machte Washington aber einen Rückzieher. „Als Ko-Sponsoren müssen wir mit Bedauern mitteilen, dass die einberufene Konferenz wegen der derzeitigen Lage im Nahen Osten nicht stattfinden kann“, erklärte die Sprecherin des US-Aussenministeriums, Victoria Nuland, am 23. November. „Die Staaten der Region haben keine Einigung über allseits akzeptable Bedingungen für eine solche Konferenz erzielt“, fügte Nuland hinzu.
Erwarteter Rechtsrutsch in Israel
US-Diplomaten drückten gegenüber ihren Gesprächspartnern die Befürchtung aus, dass die Konferenz zum jetzigen Zeitpunkt kurz nach den Kämpfen zwischen den israelischen Streitkräften und den Hamas-Aktivisten im Gazastreifen „zum Abwatschen von Israel missbraucht werden könnte“.
Nach russischen Quellen haben die USA jetzt vorgeschlagen, die Konferenz „vor April nächsten Jahres“ in der finnischen Hauptstadt abzuhalten. Bis dahin sind die Wahlen in Israel vorüber. Nach allen Meinungsumfragen ist aber bei den von Premierminister Benjamin Netanjahu beschlossenen vorgezogenen Wahlen ein Rechtsrutsch zu erwarten. Die Chancen für internationale Verhandlungen über einen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen wären dann gewiss nicht besser.
Gefährliche Endlosspirale
Barack Obama büsst mit seinem Schlingerkurs im Nahen Osten an Glaubwürdigkeit ein, denn die USA haben sich im Mai 2010 gemeinsam mit den anderen offiziellen Atommächten Russland, China, Frankreich und Grossbritannien verpflichtet, Verhandlungen über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten in die Wege zu leiten. Das war auf der letzten Überprüfungskonferenz des 1970 abgeschlossenen Atomwaffensperrvertrags (NPT).
Viele der 189 Mitglieder des Vertrags (nur Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel stehen abseits) äusserten ihren Unmut über die fehlende Umsetzung der einstigen Ziele, zu denen die vollständige nukleare Abrüstung und gleiche Sicherheit für alle gehört. Um den Vertrag zu retten, gaben die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten eine verbindliche Erklärung ab, in der sie unter anderem versprachen, spätestens 2012 eine internationale Konferenz über die Beseitigung aller Massenvernichtungswaffen in der Nahostregion einzuberufen. Damit gemeint sind nukleare, biologische und chemische Kampfmittel.
Syrien, Israel und etliche weitere Länder der Region besitzen beträchtliche Bestände chemischer Kampfstoffe, obwohl diese international geächtet sind. Das Atomwaffenmonopol Israels wird nicht ewig halten. Iran befürwortet trotz seines offensichtlichen Strebens nach der Bombe zumindest nach aussen hin die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone. So lange aber Israel aus seinem Nuklearpotenzial ein Staatsgeheimnis macht und nicht einmal zu Gesprächen über eine regionale Rüstungskontrolle bereit ist, braucht die Regierung in Teheran keinen Wahrheitsbeweis anzutreten. Die gefährliche Endlosspirale dreht sich weiter.