Die Haltung des Königs macht klar, dass die Verhandlungen zwischen den Demonstranten und der königlichen Familie gescheitert sind, die in den letzten Wochen geführt worden waren. Die Amerikaner, die Engländer und alle anderen auf den Inseln einflussreichen Nationen des Westens hatten diese Verhandlungen gefördert und auf einen guten Ausgang gehofft. - In Iran hat der Sprecher des Aussenministeriums erklärt, der Einmarsch fremder Truppen sei für Iran "inakzeptabel". Das Eingreifen der Nachbarstaaten bedeutet damit einen Schritt voran zur Internationalisierung des bisher inneren Konfliktes auf Bahrain.
Wird Iran aktiv werden?
Es ist nicht wahrscheinlich, dass Iran offiziell Krieg um Bahrain führen wird, aber es ist durchaus denkbar, dass Teheran beschliesst, etwas in Bahrain zu unternehmen, das aus einem Untergrundkrieg bestünde, welchen die schiitischen Baharaini zu führen hätten und den Iran unter der Hand unterstützte. Nach der offiziellen iranischen Meinung, die schon zur Zeit des Schahs bestand, gehört Bahrain zu Iran. Die arabische sunnitischen Herrschaft, welche die Inseln heute beherrscht, nachdem sie dort im 19. Jahrhundert Einfluss gewonnen und dann als britisches Protektorat die Regierung übernommen hatte, gilt Iran als illegitim. Die Bahraini-Schiiten sind jedoch keine Perser, sie sprechen arabisch. Doch die Perser würden erwidern, dies täten auch die Bewohner der persischen Erdölprovinz, Khusistan, und trotzdem seien sie Perser.
Bisher geringer Einfluss Irans
Die Demonstranten in Bahrain bestehen mehrheitlich aus den Schiiten der Inseln, die zwischen 60 und 70 % der Bevölkerung ausmachen, Doch bisher haben sie immer betont, dass sich auch Sunniten unter ihren Gefährten befänden und dass beide, Sunniten und Schiiten, zur Bahrainischen Nation gehörten und gemeinsam für ihre Freiheitsrechte einträten.
Die Polizisten jedoch, die Soldaten, und nun auch die Hilfskräfte aus den Nachbarländern sind alle ausnahmslos Sunniten. So stehen in Bahrain die demonstrierenden Schiiten ausschliesslich sunnitischen "Sicherheitskräften" gegenüber, weil in Bahrain keine Schiiten in die Sicherheitskräfte aufgenommen werden und die Saudis gewiss auch keine Truppen aus ihrer schiitischen Minderheit, die Bahrain gegenüber lebt, einsetzen werden, falls es überhaupt solche geben sollte.
Zu den Streitpunkten auf Bahrain gehört auch der Umstand, dass die dortige Regierung seit Jahren sunnitische Araber und Pakistani in die Sicherheitskräfte aufnimmt und diese nach wenigen Jahren des Dienstes einbürgert mit dem Ziel, die Zahl der Sunniten auf den Inseln zu vermehren.
Bisher waren es höchstens kleine Minderheiten unter den Bahraini-Schiiten gewesen, die Iran zuneigten. In der Zeit Khomeinys, als die iranische Revolution noch jung war, waren es mehr. Doch heute, wo deutlich ist, dass grosse Teile der Iraner selbst das iranische Regime loswerden möchten, wenn sie es nur könnten, dürfte es nur noch einige Unentwegte geben, die von einem iranischen Bahrain träumen.
Eine Inkubationsfrist für Teheran
Doch Teheran kann sich ausmalen: Wenn die Regierung von Bahrain nun die Proteste mit Gewalt unterdrückt und ihre schiitische Mehrheitsbevölkerung daraufhin noch systematischer als bisher niederhält, könnte die Zahl jener, die von Iran her Hilfe erwarten, ansteigen. Wenn allerdings Iran an eine von Iran aus unterstützte und womöglich gesteuerte Widerstandsbewegung auf den Inseln denkt, ist jedenfalls eine Inkubationszeit notwendig, um die Extremisten zu finden und zu mobilisieren, die sich bereit zeigen, für eine solche Guerrilla ihr Leben einzusetzen, und um sie zu bewaffnen und auszubilden. Eine solche Frist würde ebenso dazu dienen, die bevorstehende Niederringung der Demonstranten abzuwarten wie auch die weiteren Unterdrückungsmassnahmen, die dann höchstwahrscheinlich folgen würden. Diese Entwicklung würde Wasser auf die iranischen Mühlen lenken, falls Teheran solche tatsächlich in Betrieb setzen wollte.
Wenn es in einigen Monaten tatsächlich zu solchen Guerillaaktivitäten kommen sollte, dann wären die Amerikaner mindestens am Rande in sie verwickelt, denn die Waffen aus Iran müssen über See nach Bahrain geschmuggelt werden, und Bahrain ist das Hauptquartier der amerikanischen Marine im Golf. Die Aktionen Irans, falls sie stattfinden sollten, würden im Westen und im Golf als Terrorismus bezeichnet werden und entsprechend müsste gegen sie vorgegangen werden.
Die Sicht aus Saudi Arabien
Saudi Arabien dürfte es nicht ungern sehen, dass die Amerikaner in den möglichen Streit um die Stellung der Schiiten auf Bahrain verwickelt werden. Saudi Arabien sieht Bahrain als das Vorfeld an, in dem sich ein Ringen mit den Iranern und den arabischen Schiiten abspielt. Diese Ringen betrifft auch das arabische Königreich, weil es dort eine unzufriedene und unruhige schiitische Minderheit gibt, die sich von Riad - ohne Zweifel weitgehend zu recht - diskriminiert fühlt. Diese schiitische Minderheit lebt ausgerechnet in der Region, wo sich die meisten und reichsten Erdölquellen Saudi Arabiens befinden. Wenn es zum Kampf mit den arabischen Schiiten und deren iranischen Freunden kommen muss, den Riad seit Jahren befürchtet, wäre es im Interesse des Königreiches, dass er ausserhalb seiner Grenzen auf den benachbarten Inseln stattfinde und dass die Amerikaner in ihn verwickelt würden.
Die politische Linie der Revolutionswächter
Eine kühle und rationale Politik in Teheran würde aus vielen Gründen derartigen Entwicklungen aus dem Wege gehen. Die Amerikaner und hinter ihnen die Israeli schliessen - wegen der atomaren Streitfrfage - ohnehin alle Aktionsmöglichkeiten gegenüber Iran nicht aus, "die auf dem Tisch liegen", wie es in der diplomatischen Sprache heisst. Diese Drohungen noch weiter zu fördern, läge nicht im echten Interesse Irans. Doch es muss als zweifelhaft gelten, ob die Iraner so kühl und rational denken und handeln werden. Die Revolutionsgarden haben einen gewaltigen Einfluss auf das gesamte Geschehen im Lande; Präsident Ahmedinejad ist ihr Mann. Unter den Garden gibt es wohl viele Köpfe, die eine aktivistische und wenig besonnene Politik befürworten. Sie läge im Interesse der systematischen Ausweitung ihrer innenpolitischen Positionen, die sie seit Jahren betreiben. Der Machtausweitung der Revolutionswächter ist am besten gedient mit einer aussenpolitischen Linie, die sich nahe am Rande des Krieges bewegt.