Die vom Bundesrat im vergangenen März vorgeschlagene Revision des Bürgerrechtsgesetzes hat, kurz zusammengefasst, folgende Ziele: 1. Nur erfolgreich integrierte Ausländerinnen und Ausländer erhalten das Schweizer Bürgerrecht, und sie müssen bereits im Besitz einer Niederlassungsbewilligung sein. 2. Wer gut integriert ist, kann schon nach acht Jahren (bisher 12) ein Gesuch auf Einbürgerung stellen. 3. Bei Wohnungswechsel in eine andere Gemeinde oder einen andern Kanton sollen die unterschiedlichen Fristen vereinheitlicht werden. 4. Der Datenaustausch zwischen Behörden sowie das Einbürgerungsverfahren werden vereinfacht.
Die Revision ist nach Auffassung der Basler SP-Nationalrätin Silvia Schenker „im Grundsatz akzeptabel“. Als Sprecherin der SP erläutert sie, man könne damit einverstanden sein, „dass die Integration eine Voraussetzung für die Einbürgerung ist“. Die SP bekämpft hingegen den Vorschlag, dass jemand ohne Niederlassungsbewilligung nicht eingebürgert werden kann. Dadurch seien Menschen, die vorläufig aufgenommen wurden, sowie Personen aus nicht EU-Staaten, die schon lange in der Schweiz lebten, aber noch eine B-Bewilligung besässen, von der Einbürgerung faktisch ausgeschlossen. Für diese Personen werde die Hürde für die Einbürgerung massiv erhöht, und zwar unabhängig davon, ob sie sich rasch und gut integriert hätten. Diese Verschärfung lehnt die SP entschieden ab.
Diskussionsblockade durch die SP?
Die SP zeigte sich zuerst kompromissbereit: Sofern auf die Niederlassungsbewilligung als Voraussetzung der Einbürgerung verzichtet würde, werde man nicht darauf drängen, die von 12 auf 8 Jahre verkürzte Frist für gut integrierte Personen im Gesetz zu verankern. Im Laufe der Eintretensdebatte in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats seien jedoch einige zusätzliche Hürden für die Einbürgerung beantragt worden. Nationalrätin Schenker befürchtet, einige dieser Verschärfungen könnten im Parlament eine Mehrheit finden, so dass sich die Ausganglage für einen Teil der Einbürgerungswilligen verschlechtern könnte. „Aufgrund dieser Einschätzung, ist eine Mehrheit der rot/grünen Mitglieder der Kommission nicht auf die Vorlage eingetreten“, hält die SP fest.
Es ist verständlich, dass die SP eine Verschärfung des Einbürgerungsgesetzes für die schwächsten Personengruppen nicht billigt. Doch muss es nicht so weit kommen: Sofern die SP ihre Argumente geschickt ins Spiel bringt, besteht die Möglichkeit - die SP selber sagt es -, für die vorläufig Aufgenommenen einen Kompromiss zu erreichen, der sie gegenüber heute nicht schlechter stellen würde. Sofern die Staatspolitische Kommission nach den Beratungen im Ständerat sich ein zweites Mal für Nichteintreten entscheiden würde, wäre die Vorlage, die von der SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertreten wird, definitiv erledigt.
Vorteile für die Mehrheit
Es wäre ein Zeichen der Schwäche, wenn die SP nicht einmal versuchen würde, mit ihren besten Argumenten und ihrer Überzeugungskraft zu kämpfen und bereits vor der eigentlichen Diskussion die Vorlage des Bundesrats beerdigen würde. Das taktische Nein bedeutete, dass die SP nicht bereit wäre oder es sich nicht zutraute, mit bürgerlichen Parteien eine annehmbare Lösung zu finden. Zudem ist zu bedenken, dass für die Mehrheit der Einbürgerungswilligen die Gesetzesänderung Vorteile brächte. Sofern sich die SP mit der Forderung, keine schlechtere Rechtslage für vorläufig Aufgenommene im National- und Ständerat nicht durchsetzen würde, könnte sie die Vorlage immer noch ablehnen.
Aus staatspolitischen Gründen läge es jedenfalls in unserem Interesse, wenn sich mehr gut integrierte Einwanderer einbürgerten, und zwar aus einem einfachen Grund: Eine Demokratie, die fast jeden vierten Einwohner vom Stimm- und Wahlrecht ausschliesst, ist eine mangelhafte Demokratie. Das Forum für die Integration der Migrantinnen und Migranten (FIMM) – es handelt sich um den Dachverband der Migrantenorganisationen in der Schweiz - begrüsst die Vorlage für neue Regeln zum Erwerb des Bürgerrechts, doch den Niederlassungsausweis als Bedingung für eine Einbürgerung lehnt es ab.