Das Spiel geht so: Weckt ein Politiker oder eine Politikerin in der Anhängerschaft Begeisterung, so wird den Begeisterten in den Medien alsbald unterstellt, sie sähen in ihrem Idol einen Heilsbringer. Denn, so die Logik, wer jubelt, muss so naiv und dumm sein, einem Politiker unfehlbare Erkenntnisse und übernatürliche Kräfte zuzutrauen, ja, ihn oder sie als Person für makellos zu halten. Damit nicht genug: Die Medien suggerieren auch, der oder die Bejubelte beginne irgendwann an den eigenen Heilsbringerstatus zu glauben.
Den Rest kennt man. Bekommt das leuchtende Bild erste Schrammen, wird der angebliche Heilsbringer in Grund und Boden geschrieben. Für Medienleute, die so vorgehen, ist dieses Spiel eine sichere Sache: Sie behalten immer recht, können sich als abgebrühte Realisten gebärden und heimsen das Prestige kritischen Berichtens ein, ohne dafür journalistische Leistungen erbringen zu müssen.
Mit Emmanuel Macron verfahren manche Medien nach diesem eingespielten Muster. Es ist ein übles Spiel. Statt nach den politischen Gründen für Macrons Aufstieg zu fragen und sich kritisch mit den Zielen seiner Bewegung auseinanderzusetzen, werden Fallen präpariert, die irgendwann zuschnappen sollen.
Macron mag in manchem eine Ausnahmeerscheinung sein. Trotzdem bleibt er ein Politiker wie andere. Ein paar Fehler hat er ja schon gemacht; es werden kaum die letzten bleiben. Selbstverständlich soll er kritisiert und genau unter die Lupe genommen werden. Aber es müssen die üblichen Massstäbe gelten.