Ursprünglich hat sie wie kein anderer den Weckruf symbolisiert: Die Welt steht am Abgrund, und niemand darf so weitermachen wie bisher. Dieser Ruf ist nicht einfach nur laut und schrill, sondern Greta Thunberg drückt durch ihre Person die ganze Not aus, die sich insbesondere für ihre Generation mit den absehbaren Katastrophen verbindet.
Man kann sich aber fragen, warum aus ihr mehr und mehr eine Erlöserfigur geworden ist. Denn zu einer Lösung der Problematik hat sie ausser dem Weckruf nichts beigetragen. Von ihr kommen keine politischen oder technischen Konzepte. Sie lebt lediglich etwas vor, sie verkörpert eine Haltung, mehr nicht.
Nun wird sie in Davos erwartet, und manche Beobachter spekulieren, dass es dort zu einer Begegnung mit Donald Trump kommen könnte. Wem das Umweltthema auf der Seele brennt, kann nur fragen: Was soll das?
Zyniker aber könnten darin eine glänzende Parodie ihres Anliegens sehen. Der Weckruf wird vom Spektakel in Davos positiv aufgenommen und bestens verdaut. Auch Trump klopft Greta Thunberg auf ihre schmale Schulter und signalisiert damit, dass selbst ihr Anliegen in seiner inkonsistenten Welt irgendwo auch noch Platz hat – sofern sie damit nicht allzu sehr stört. An seiner Haltung und an seiner lobbygetriebenen Politik wird er ganz sicher nichts ändern.
Überhaupt hat sich die Politik in jüngster Zeit als äusserst flexibel präsentiert. Die neue EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat einen „New Green Deal“ präsentiert, der unendlich viel Geld kosten soll und den sie mit dem amerikanischen Programm für die erste bemannte Mondlandung verglich. Und die deutsche Bundesregierung hat gerade den „Kohleausstieg“ beschlossen. Das aber ist blosse Rhetorik.
Denn keiner kann konkret erklären, woher die gigantischen Energiemengen herkommen sollen, die die Vorgaben der Null-Emissionen erfüllen können. Man hofft, dass rechtzeitig irgendwie irgendwas erfunden wird und dass zum Beispiel Windkraftgegner eines Tages jene Windkraftwerke und Stromtrassen bejubeln, die sie derzeit erbittert ablehnen.
Die Politik ist faktisch ratlos und verdeckt ihre Ratlosigkeit mit grosssprecherischen Ankündigungen. Es fehlen technische Konzepte, die überzeugen und begeistern. Und so bleibt nur das mulmige Gefühl, dass wir uns auf einer abschüssigen Bahn befinden, dass sich dringend Grundlegendes ändern muss, aber keiner einen wirklichen Ausweg weiss.
In ausweglosen Situationen neigt man zu Ersatzhandlungen. Die Verehrung von Greta Thunberg ist eine davon. Sie bietet einen Halt in der Haltlosigkeit.