Der Chef einer weltumspannenden und von Skandalen erschütterten Organisation ist aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Jetzt wird in nordkoreanischer Geheimhaltungsmanier ein Nachfolger gesucht. Das Anforderungsprofil ist unerfüllbar. Sachlich und distanziert könnte über die Demission Benedikt XVI. und die Regelung der Vakanz berichtet werden. Aber nein: Auch die liberalsten und weltlichsten Medien interessieren sich für die vatikanischen Vorgänge wie untertänige Kirchenblätter, lassen sich von Glanz und Gloria blenden, stochern in Erwartung des weissen Rauches spekulativ im Nebel und füllen an die Adresse des neuen Papstes ihre Wunschzettel aus. Der falsche Eindruck entsteht, es sei die ganze Menschheit katholisch-konservativ und in der Lage, nicht nur die Wahl, sondern auch die künftige Amtsführung beeinflussen zu können. Mit diesem Ergebnis dürfen die römischen Meister der Massenregie wieder einmal hoch zufrieden sein. Die Fassade überstrahlt alles, was eigentlich mit Schärfe und Nachdruck zu erörtern wäre. Es ist leider voraussehbar, dass die Medien auch nach dem Habemus Papam die Propagandamaschine begeistert in Schwung halten und verzückt mit Text- und Bilderfluten der Hofberichterstattung huldigen. So reformbeflügelnd wie eine Hostie den Hunger stillt. Würden sich die Päpste fortan nach bloss einem Jahr fürs Altenteil entscheiden, hätte der Vatikan definitiv seine Ruhe mit der lästigen Kritik. (Alex Bänninger)