«Frühfranzösisch» entwickelt sich zum Schimpfwort. Das ist in unserem viersprachigen Land verheerend, weil der Wille untergraben wird, eine Willensnation zu sein. Die Abwehr dieser Gefahr geht vor der Rücksichtnahme auf föderalistische Befindlichkeiten. Der Bundesrat handelt richtig und weitsichtig, wenn er die Kantone zum Unterricht einer zweiten Landesssprache in der Primarschule verpflichten will. Das ist kein Affront, sondern eine notwendige Erinnerung an Beschlüsse, die von den Kantonen mit dem Sprachenkonzept und dem Harmos-Konkordat vor Jahren gefasst wurden.
Die jetzt vorgebrachten Einwände sind staatspolitisch bedenklich und pädagogisch schwach. Es müsste der Schweiz leicht fallen, die Lehrerinnen und Lehrer zu befähigen, eine zweite Landessprache erfolgreich zu unterrichten. Die gegenteilige Behauptung ist eine Kapitulation der Kantone, die sonst mit geschwellter Brust auf die Bildungshoheit pochen.
Der Zusammenhalt der Schweiz verdankt sich nicht zuletzt der weisen Bereitschaft der Mehrheit, den Minderheiten die Wertschätzung zu zeigen – auch und gerade, wenn es eine Anstrengung braucht. Bevor Politikerinnen und Politiker kleinkrämerisch aufzählen, warum zweite Landessprache und Primarschule unverträglich sein sollen, wäre die Aneignung wenigstens eines französischen Satzes nützlich: Gouverner, c'est prévoir.