Auf der Suche nach einem schönen Sujet für diese Sprachkolumne habe ich wieder einmal im handlichen Lilliput-Wörterbuch von Verena Stauffacher geblättert, das 2017 im Langenscheidt-Verlag erschienen ist. Auf der Titelseite ist zwar vom Schweizerdeutschen die Rede, aber die Autorin präzisiert in der Einleitung, dass es ein einheitliches Schwiizertüütsch gar nicht gibt, sondern nur eine Fülle alemannischer Mundarten zwischen Schaffhausen und dem Wallis. Die Autorin konzentriert sich in ihrem Wörterbuch auf den zürichdeutschen Dialekt, der aber auch «in der übrigen Deutschschweiz meist gut verstanden» werde.
Als Kostprobe für die variantenreiche Vielfalt zürichdeutscher Kraft- oder Fluchwörter sei hier auf drei Beispiele verwiesen:
Der allen im Kanton Zürich Aufgewachsenen bekannte Ausdruck «Gopf» wird als dialektale Ableitung von Gott erklärt. Gleichzeitig dient er als Kurzform für das unfeine, aber ziemlich gebräuchliche «gopfertami». Dazu gibt es die «vermeintlich etwas weniger sündigen» Varianten von «gopferchlämi», «gopferteckel», «gopferteli» und «gopfertoori». Starker Tobak ist wiederum die Variante «gopfertamisiech» oder die dazugehörige, leicht entschärfte Kurzversion «tamisiech».
Etwas salonfähiger sind in diesem stark gewürzten Wortfeld die Ableitungen «gopffridli» und «gopffridstutz», die sich vordergründig auf den Vornamen Gottfried beziehen, in Wahrheit aber ein und dasselbe meinen, wie Verena Stauffacher klarstellt.
Das legendäre Zitat aus Goethes Jugenddrama «Götz von Berlichingen» ist auch im zürichdeutschen Sprachschatz variantenreich präsent. «Chasch mer am A. läcke» ist zwar weitherum geläufig, gilt aber als derart vulgär , dass es häufig in «gezähmten Abwandlungen» verwendet werde, heisst es im Lilliput-Wörterbuch. Solche sind etwa «Läck mer am Tschope», «Läck doch mir» oder einfach «Läck». Letzteres Wort kommt auch als Ausdruck der Verwunderung oder gar der Begeisterung zum Einsatz: «Läck, isch das schöön!». Das gleiche Gefühl etwas vornehmer formuliert werde mit dem italienischen «Lago mio!» zum Ausdruck gebracht.
Sehr züritüütsch sind die Wörter «Schnure» oder «Schnöre» für Maul. Er isch «uf d’Schnure» gheit, wird sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn gebraucht. Er/sie «isch nüd of d’Schnure gheit» ist wiederum Ausdruck einer gewissen Bewunderung. Soll heissen: er/sie weiss sich zu wehren. Weitere derb-kräftige Wortverbindungen mit der Schnure-Vokabel sind auch die Ausdrücke: «Heb d’Schnure», oder «Schnurepfluderi», eine dialektale Bezeichnung für ungehemmten Redefluss.
Wer sich das Vergnügen gönnen will, sich ausführlicher in der Schatzkammer der zürichdeutschen Dialektvielfalt umzusehen, dem sei Verena Stauffachers Lilliput-Wörterbuch wärmstens empfohlen.