Das US-Justizdepartement (DoJ) ist selbst etwas unter Druck, mehr Namen und Daten von US-Steuerpflichtigen aus Schweizer Banken, konkret aus der CS, rauszubrechen. Daher macht es nach Art der Mafia ein Angebot, das Mitarbeiter der Credit Suisse nicht ablehnen sollten. Ausser, sie wollen den Rest ihres Lebens in der Schweiz verbringen.
Der Türöffner
Offenbar stehen am Anfang dieser neuen Idee des DoJ die Aussagen, die CS-CEO Brady Dougan und weitere Bankchefs vor dem Untersuchungsausschuss des Senators Carl Levin in Washington machten. Sie räumten ein, dass es im Offshore-Geschäft mit den USA, also bei der Betreuung von US-Steuerpflichtigen von der Schweiz aus, zu Verstössen gegen US-Gesetze gekommen sein könnte.
Es habe sich aber nur um Fehltritte einer kleinen Gruppe von subalternen Bankern gehandelt, selbstverständlich ohne Wissen der Banklenker. Das glaubt das DoJ offensichtlich nicht. Natürlich ist es auch unglaubhaft, dass sich die Betreuung von über 20'000 Konten von US-Persons in der Schweiz nur auf der Ebene CS-Kundenbetreuer abspielte, und niemand weiter oben wusste das Geringste davon, wie es um den steuerlichen Zustand dieser Anlagen stehe.
Das Angebot
Nun schlägt das DoJ vor, dass CS-Banker, die Schiss haben, wie bereits einige ihrer Kollegen bei einer Einreise in die USA gleich in Handschellen abgeführt zu werden, auch eine US-Botschaft in Europa aufsuchen können. Dort sollen sie eine Aussage vor einem US-Staatsanwalt machen. Allerdings nur, wenn sich der Banker gleich der «Verschwörung» im Zusammenhang mit US-Steuerdelikten schuldig erklärt und Namen von US-Kunden offenlegt. Sonst ist man an seiner Aussage nicht interessiert. Dieses Angebot gilt einerseits für 8 CS-Mitarbeiter, die bereits in den USA angeschuldigt sind – andererseits für alle CS-Mitarbeiter, die gerne angstfrei die Schweiz verlassen wollen. Denn der Rechtsstaat USA gibt nicht bekannt, ob gegen einen x-beliebigen Schweizer Banker eine Strafuntersuchung eingeleitet wurde – oder nicht.
Das geradezu Mafiöse an diesem Angebot eines Justizministeriums besteht darin, dass es die Aufforderung zur Verletzung Schweizer Gesetze enthält. Denn im Prinzip gilt das Bankkundengeheimnis noch, und auch Artikel 271, 272 des Schweizer Strafgesetzbuches; «nachrichtendienstliche Tätigkeit für eine fremde Macht». Mit einer solchen Aussage würde ein Schweizer Banker mindestens eines dieser Gesetze verletzen. Und der US-Staatsanwalt in der Schweiz ebenfalls, lustigerweise.
Der Gipfel der rechtsimperialistischen Arroganz der USA ist dabei: Zusagen für einen Deal, also Straffreiheit gegen Aussage, zumindest eine «du kommst nicht ins Gefängnis»-Karte, gibt es nicht. Man werde diese Kooperation höchstens wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Aber eben, was haben CS-Mitarbeiter, die an der Verwaltung von Konten von US-Steuerpflichtigen in der Schweiz beteiligt waren, für Möglichkeiten? Vor allem, wenn sie zwar nicht zu den 8 offiziell Angeschuldigten gehören, aber nicht wissen, ob sie bei einer Reise nur schon nach Deutschland dort verhaftet und an die USA ausgeliefert werden?
Schon wieder der Fluch der bösen Tat
Die CS-Granden vor dem Untersuchungsausschuss spielten mal wieder, obwohl zu viert, die drei Affen. Nichts gesehen, nichts gehört, nichts gesagt. Nichts gewusst. Das machte Senator Levin, den alten Kämpfer gegen das Steuerschlupfloch Schweiz, offensichtlich dermassen sauer, dass er in der anschliessenden Anhörung zweier hochrangiger Vertreter des Justizministeriums gelinde gesagt denen kräftig Feuer unter dem Allerwertesten machte. Es sei doch unglaublich, dass nach jahrelangen Untersuchungen erst ein einziger CS-Banker in den USA überhaupt mal angeklagt worden sei, lediglich Informationen über 328 Kontoverbindungen von US-Steuerpflichtigen bei der CS den US-Behörden bekannt seien, schäumte Levin.
Das war natürlich typisch amerikanische Show, aber die Message kam an. Also brütete das DoJ diese neue Idee aus. Einer Forderung nach Auslieferung von Schweizer Staatsbürgern in die USA würde wohl selbst der amtierende Bundesrat nicht nachkommen. Warum dann nicht eine nachdrückliche Aufforderung, in US-Botschaften in Europa, bspw. in der zu Bern, auszusagen? Immerhin, freies Geleit wäre zugesichert, der aussagewillige Banker dürfte die Botschaft wieder verlassen, verschärfte Verhörmethoden mit Wasserboarding oder vorgespielter Erschiessung kämen wohl auch nicht zum Einsatz. Allerdings würde der Banker möglicherweise vor dem Ausgang dann von Schweizer Polizisten verhaftet.
Das alles ist natürlich ungut, rechtsstaatlich mehr als zweifelhaft. Aber die Wurzel des Übels liegt darin, dass selbst der einfältigste US-Staatsanwalt nicht glauben will, dass Tausende von US-Kunden von der CS in der Schweiz empfangen wurden, sogar von einer eigens dafür geschaffenen Anlaufstelle am Flughafen Zürich – aber ausser den dort tätigen Kundenbetreuern und vielleicht dem Reinigungspersonal wusste niemand in der Bank, dass dort auch «steuerneutrale» Betreuung erfolgte.
«Game over»
Da sich Dougans Karriere als CEO der CS doch wohl ihrem Ende zuneigt, nachdem seit seinem Amtsantritt im Mai 2007 bis heute der Aktienkurs der Bank rund 26 Prozent verlor, Riesenbussen sogar das letzte Quartalsergebnis 2013 in den roten Bereich drehten, wäre das der richtige Moment, mal wirklich etwas für sein Multimillionengehalt zu tun. «I take full responsibility» wäre der Zaubersatz auf Englisch. Aber es steht zu befürchten, dass der US-Banker Dougan diesen Satz in keiner Sprache der Welt versteht, geschweige denn, dass er ihm über die Lippen käme.