Plötzlich hat Christoph Blocher rückwirkend sein gesamtes Bundesrats-Ruhegehalt verlangt, auf das er nach seiner Abwahl öffentlich verzichtet hatte. Der Bundesrat hat sich alsbald bereit erklärt, ihm die Pension für all die Jahre im Betrag von rund 2,7 Millionen Franken zu überweisen.
Drei Gutachten
Dieser Entscheid ist ein schwerwiegender Fehler des Bunderats, welcher dadurch an Glaubwürdigkeit verliert. Dass Blocher, abgewählt nach nur vier Jahren in der Landesregierung, seinen Verzicht auf die Pension rückgängig macht, zeugt nicht von gutem Stil. Er rechtfertigt sich jetzt damit, dass der dem ungeliebten Staat nichts „schenken“ möchte, denn er hatte den Sozialstaat nicht nach seinem Willen abbauen können.
Für den Bundesrat handelt es sich um ein heikles Thema, denn es bestehen weder Reglemente noch Gesetze als Leitlinie für diesen speziellen Fall. Nach Recherchen des „Tages-Anzeigers“ standen der Regierung drei Gutachten zur Verfügung; zwei davon befassen sich auch mit der rückwirkenden Auszahlung des Ruhegehalts, das im Fall von Christoph Blocher pro Jahr ungefähr 225’000 Franken beträgt.
Fünf Jahre Nachzahlung hätten genügt
Eines der Gutachten verfasste ein Professor für Sozialversicherungsrecht. Es anerkennt gemäss „Tages-Anzeiger“ eine fünfjährige Nachzahlungspflicht wie bei den Sozialversicherungen. Zum gleichen Ergebnis gelangte offenbar das zweite Gutachten, jenes des Bundesamts für Justiz, das sich auf das Obligationenrecht stützt. Es hält fest: Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmenden verjähren nach einer Frist von fünf Jahren.
Der Bundesrat hätte deshalb Blochers Begehren für die letzten fünf Jahre erfüllen und ihm rund 1,1 Millionen Franken überweisen können. Unbegreiflich ist hingegen, dass sich die Regierung für die rückwirkende Auszahlung bis 2008 entschieden hat und dem Alt-Bundesrat über 1,6 Millionen Franken schenkt. Ein Geschenk an eine Person, welche sich wiederholt über unsere demokratischen Institutionen in übler Weise verächtlich geäussert hat und den Nationalrat, dem er viele Jahre angehört hatte, als Schwatzbude verleumdete.
Schwach gegenüber den Starken
Der bundesrätliche Entscheid soll noch der Finanzdelegation des Parlaments vorgelegt werden, die sich jedoch offenbar nicht zuständig fühlt. So wird Christoph Blocher, der als Industrieller und als Investor ein riesiges Vermögen angehäuft hat, vom ungeliebten Staat mehr erhalten, als ihm zustehen würde, während der gleiche Staat gegenüber Menschen, die Hilfe nötig haben, kleinlich und geizig ist. Das liegt in der unschönen Tradition, stark zu sein gegenüber den Schwachen, schwach gegenüber den Starken.