Grundausbildung in Wirtschafts- und Finanzfragen - im angelsächsischen Raum „Financial Literacy“ genannt — ist seit der Finanzkrise zu einem viel diskutierten Thema geworden. Dies sowohl in der Finanzindustrie, als auch bei Konsumentenschützern, Regulierern und damit auch in Politik und Öffentlichkeit. In den USA ist die Thematik seit langem weit oben in der Prioritätenliste des Weissen Hauses. So weit oben, dass Barack Obama den April 2014 seiner Zeit zum „Financial Literacy Month“ deklariert hat, mit dem erklärten Ziel, „... to improve the understanding of financial principles and practices (of all Americans)“.
Inkompetenz in Finanzfragen
Nun mögen wir hier in Europa der Meinung sein, Finanzwissen sei bei uns breiter gestreut als in den USA, weil vielerorts die Bankendichte hier grösser ist als dort. Leider hat aber die wirtschaftliche Bedeutung des Banksektors relativ wenig mit dem Verständnis der Bevölkerung für finanzielle und generell wirtschaftliche Fragestellungen zu tun.
Und anders als oft vermutet, finden sich die entsprechenden Ausbildungslücken auch nicht nur im Bereich tieferer Einkommensschichten mit vermeintlich tiefer Schulbildung. Inkompetenz in Finanzfragen ist weltweit und so auch in Europa ein ausgesprochen breit gestreutes Phänomen und sollte zumindest in der entwickelten Welt nachgerade als gesellschaftspolitisches Problem behandelt werden.
Aber auch die Finanzindustrie selbst ist nicht gefeit vor entsprechenden Wissens- und Ausbildungslücken. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. An nicht wenigen Orten wurde bei der Ausbildung der Kader im Finanzdienstleistungsbereich in den letzten Jahren nämlich weniger auf eine solide Basisausbildung in Wirtschafts-, Anlage- und Finanzfragen, als vielmehr auf Verkaufskompetenz Wert gelegt.
Asymmetrische Information
All diese Punkte zeichnen dafür verantwortlich, dass auf verschiedenen Stufen und in den unterschiedlichsten Bereichen immer wieder auf die wildesten Träumereien und Finanz-Scharlatanerien hereingefallen wird. Noch mancher weiss selbst, dass es dazu nicht unbedingt Fussball-Präsidenten braucht, die sich als Devisenhändler versuchen. Die Medien sind voll von (Un)Fällen, bei welchen die schiere Unfähigkeit, einfachste Fragen zu stellen und einfachste Zusammenhänge zu verstehen, zu dramatischen Vermögensverlusten, zum Aufbau ungewollter und unverstandener Verschuldungssituationen und nicht selten zu Schicksalsschlägen geführt hat.
Wir sind der Meinung, dass dieser Problemstellung nicht einfach mit noch mehr Regulierung und/oder Konsumentenschutz zu begegnen ist, auch wenn zusätzliche Regulierungen immer schon die typische Reaktion auf Finanzkrisen und Finanzskandale gewesen sind und immer sein werden. Clevere Scharlatane wissen nämlich in der Regel schnell, wie mit neuen Regulierungen umzugehen ist. Notgedrungen ist ja Regulierung oft reaktiv, setzt mit anderen Worten dort ein, wo ein Schaden bereits entstanden ist. Und natürlich entsteht Regulierung nicht immer nur in Reaktion auf kriminelle Dynamik. Leichtere Formen, die eher zum Konsumenten- oder Anlegerschutz gehören, setzen im Bereich asymmetrischer Information oder asymmetrischen Wissens an. Nicht selten nebelt brillantes Marketing nämlich die effektiven Eigenschaften von Finanzprodukten auf eine Art und Weise zu, dass der Adressat kaum mehr eruieren kann, ob seine letztlichen Bedürfnisse (die sich in aller Regel ja auf der Passivseite „seiner Bilanz” befinden) damit adäquat abgedeckt werden.
In vielen Fällen würde bereits eine einfache Basisausbildung in Geld- und Finanzfragen zur Entwicklung eines gesunden Gefühls beitragen dafür, was an diesen Märkten möglich ist und was nicht und wie und wo Gefahrenpotentiale zu orten sind. Sie würde auch dazu beitragen, dass die adressierten Individuen befähigt würden, die jeweils relevanten Fragen zu stellen. Des weiteren würden die daraus entstehenden Diskussionen zwischen Produkte- und Dienstleistungsnachfrage einerseits und den Produktezentren andererseits bereits zu einem verbesserten Produkteangebot im Finanzbereich führen.
Fatale Sorglosigkeit
Dies sind wesentliche Gründe, weswegen hier die Meinung vertreten wird, dass eine verbesserte Ausbildung breiter Bevölkerungsschichten in Geld- und Finanzfragen nicht nur eine notwendige Bedingung für das Wiedererlangen eines glaubwürdigen Finanzsektors ist, sondern geradezu ein gesellschaftspolitisches Thema.
Bemühungen zur Verbesserung des wirtschaftlichen und finanziellen Basiswissens der Bevölkerung finden sich viele. Angefangen bei zahleichen Medien- und Internetforen, bei denen aber halt oft nicht klar ist, wie und wo die Anreizstrukturen zu orten sind, über die zahlreichen berufsbegleitenden Master und/oder Executive Masterkurse bis hin natürlich zu den universitären und nach-universitären Kursen in Wirtschaft und Finanz.
Nicht selten greifen aber diese Initiativen zu kurz, bzw. zu wenig breit. Denn das Thema „Financial Literacy“ betrifft die Gesamtbevölkerung — auch denjenigen Teil, der vielleicht nur ein geringes Interesse an den entsprechenden Fragestellungen hat, aber direkt oder indirekt doch regelmässig mit ihnen konfrontiert wird. Neben dem Thema Allgemeinwissen gibt es verschiedene Zeitpunkte im Lebenszyklus, an welchen es hilfreich wäre, wenn man eine gewisse Ahnung hätte davon, was denn die relevanten Fragen sind, die es zu adressieren gilt. Sei dies bei der ersten Verwendung von Kreditkarten, beim Aufbau von Sparprojekten sei es im Immobilien- oder späteren Rentenbereich, beim ersten Kreditantrag etc. etc. Ein gewisses Basisverständnis für Finanzthemen und für die Funktionsweise finanzieller Prozesse würde dann zumal helfen, nicht allzu sorglos in die überall lauernden Fallen von Finanz- und Geldgeschäften hineinzutappen, und eben: die relevanten Fragen zu stellen.
Informationsangebote
Aus dieser Idee ist der unabhängige Internet Start-Up fintool (www.fintool.ch bzw. www.fintool.de) entstanden. Eine videobasierte Lern- und Nachschlageplattform auf Basis von Kurzvideos; 3-5 minütige Spots, bei welchen die Zuschauer in einfacher Methodik über praktische Themen der Geldanlage, des wirtschaftlichen Umfeldes und des generellen Umgangs mit Geld und Finanzen eingeführt werden. Die Ausbildungsplattform soll unabhängig, wissenschaftlich fundiert aber trotzdem in verständlicher Sprache, modern, unprätentiös und kostenfrei daherkommen.
Die regelmässig erscheinenden Videos — aktuell sind es zwei Produktionen pro Woche - werden auf der einen Seite über eine Homepage (www.fintool.ch bzw. www.fintool.de) angeboten und strukturiert. Auf der anderen Seite wird durch einen gezielten Push-Mail- Service (den „Abonnenten“ werden die neuesten Videos bei Erscheinen kostenfrei in ihre Mail-Box gelegt) für eine rasche Verbreitung neuer Videos gesorgt. Des Weiteren sollen die Videos beispielsweise über News-, Banken- oder sonstige Plattformen einem breiten Publikum zur Verfügung gestellt werden, damit eine möglichst breite Verteilung sichergestellt werden kann. Eine mobile App ergänzt das Angebot.
Nach Erscheinen stehen die jeweiligen Videos für rund einen Monat umsonst auf der Homepage zur Verfügung. Anschliessend werden sie in einer Art «Bookstore» (der Fintool-Academy) zu themenspezifischen Lernserien umgearbeitet. In diesen Serien und Staffeln werden die einzelnen Videos mit Hilfe von kurzen Erläuterungstexten zu Themengeschichten zusammengefügt, so dass so etwas ähnliches wie «Netflix für Finanz- und Anlagewissen» entsteht. Die Serien und Staffeln, die im Moment (Frühjahr 2019) angeboten werden, decken Themen ab, die von einfachen Erklärungen darüber wie mit Aktien umzugehen ist bis hin zur Erklärung, was Bitcoin und Blockchain für eine Bedeutung haben könnten. Dabei wird ganz besonders Wert darauf gelegt, dass die einzelnen Themen so aufgearbeitet werden, dass sie von Herrn und Frau Jedermann verstanden werden, eben: die Financial Literacy verbessern. Der «Bookstore» - die Fintool-Academy – wird, anders als die 2x wöchentlich erscheinenden Einzelvideos, nicht umsonst angeboten. Auch hier Stand das Preismodell von Netflix Pate. Die inzwischen auf über 450 angestiegene Anzahl von Videos wird zusammen mit allen Serien und Staffeln für CHF 8 pro Monat angeboten. Dabei wird im Durchschnitt alle 4 bis 6 Wochen eine neue Staffel aufgeschaltet.
Kompetente Kunden
Es versteht sich aber von selbst, dass auch eine in Finanz- und Anlagefragen etwas erfahrenere Klientel — beispielsweise aus der Finanzindustrie selbst — angesprochen werden soll. Aus diesem Grund werden für komplexere Fragestellungen der Geld- Finanz- und Anlagetheorie zusätzlich sogenannte „Tech-Videos“ produziert. In diesen werden spezifische Themen für ein finanzaffines Publikum vertieft dargestellt und in ihren technischen Verfeinerungen präsentiert. Diese finden sich dann in spezifischen Gefässen wiederum in der Fintool-Academy..
fintool versteht Geld- und Finanzausbildung zunächst als gesellschaftspolitisches Thema. Eine Ausbildung, für die sich viele der Adressaten, wie bereits erläutert, vielleicht gar nicht a priori interessieren, sich aber interessieren sollten. Viele der Fragestellung werden sich im Laufe eines Lebenszyklus bei allen irgendeinmal stellen und sollten dann zumindest im Ansatz schon einmal adressiert worden sein.
In diesem Sinne ist die Verbesserung der Financial Literacy, der Fähigkeit, in adäquater Art und Weise mit Geld- und Finanzthemen umzugehen - nicht zuletzt eine Bringschuld der Finanzindustrie und/oder der Wirtschaft generell. Letztlich geht es ja darum, eine künftige Kundengeneration kompetent zu machen. Und ein kompetenter Kunde war schon immer ein besserer Kunde — gerade in einem Umfeld, das von zwar gut gemeintem aber oft inadäquatem Kunden- und Anlegerschutz nur so trieft. Der mit Abstand beste Anlegerschutz ist und bleibt Ausbildung. Dies als Basis dafür, dass Geschäfte zwischen Partnern abgeschlossen werden können, die sich auf gleicher Augenhöhe begegnen.