Am kommenden Zürcher Contemporary Art Weekend vom 13./14. Juni bemühen sich viele Zürcher Galerien, die für die ART Basel anreisenden Sammler und Galeristen anzuziehen. Die Galerie Scheublein+Bak hat sich entschlossen, in der Hürlimannbrauer-Gründervilla oberhalb dem Bahnhof Enge eine historische Spur zu legen. In der Gründervilla zeigt sie bis 28. August einen Rückblick auf den Höhepunkt der Konkreten und Generativen Fotografie der 1960er und 197oer Jahre, die von Schweizern mitbestimmt wurde (bis 28. August).
Seit den 1920er Jahren gab es rund um das Weimarer Bauhaus Konkrete – nichtgegenständliche - Kunst. In Zürich widmeten sich Max Bill, Richard Paul Lohse, Camille Graeser und Verena Löwensberg dies er Richtung. Fotografie schlossen sie freilich mehr oder weniger dezidiert aus. Derweil regte sich Abstraktes auch im jungen Typus der Fotografie. Schon 1960, noch in der ersten Nachkriegsgeneration, zeigte das Basler Gewerbemuseum „Ungegenständliche“, „konkrete“ und „subjektive“ Fotografie, losgelöst vom „objektiv-dokumentarischen“ Gegenstandsbezug. Gemeint war „reine“ Fotografie, die „nichts als sich selbst darstellt“ (Gottfried Jäger). Zwar wurde in Zürich die erste europäische „Fotogalerie Form“ (1959) eröffnet, und die Berner Galerie Theo Jakob („Galerie Actuelle“) zeigte die Schweizer René Mächler (Totenzeichen angeben), Roger Humbert, Rolf Schroeter und Jean Frédéric-Schnyder. Man bezog sich auf die vier Zürcher Konkreten und auf die deutsche Gruppe Zéro (immerhin mit Jean Tinguely). Wie Galerist Bok ausführt, schauten die Schweizer auch auf ausländische Zeitgenossen wie Man Ray oder Laszlo Moholy-Nagy, einen Bauhaus-Veteranen und Freund von Max Bill.
Der Startschuss war gefallen. „Die Schweizer Foto-Konkreten entwickelten eine spielerisch-experimentelle Art der Herstellung von kameralosen Art obscura Schöpfungen, Luminogrammen, Fotogrammen, Oszillogrammen“ (Galerist Bak). Deutsche Kollegen gesellten sich dazu; unter ihnen der deutsche Cheftheoretiker Gottfried Jäger, begleitet von seiner Frau Ursel, oder der Kunstphilosoph Max Bense. Man befolgte den Aufruf des Philosophen Villém Flusser, gegen den objektiv-figurativen Apparat zu spielen (der Titel dieser Ausstellung: „Against Photography“). Es bildete sich die „Bielefelder Schule“ - im Gegensatz zur gegenstandsnahen „Schule“ des Ehepaars Becher in Düsseldorf mit seinen Bergwerkstürmen.
Das Ereignis dieser Ausstellung auf dem Sihlberg: Galerist Bak hat rund 30 Werke dieser Kunstrichtung zusammengesucht (sie sind verkäuflich), teils bei den Künstlern selber, teils in Fotomuseen und Sammlungen. Es handelt sich um Vintage Prints (soweit die damaligen Papierabzüge noch vorhanden sind), mitunter um jetzt nachgezogene einzelne Papierabzüge ab den erhaltenen Negativen (auf industriebedingt anderem Papier, aber in dokumentiert niedriger Auflage). Es stellen sich Eindrücke von grosser Schönheit ein – und Respekt vor dem künstlerischen Wollen jener Vorläufer der Computer- und Videokunst. Roger Humbert erinnert daran: Pro Unikat wurden bis zu 13 Schablonenplatten und Abzüge hergestellt und überblendet. Der Kunstanspruch war unübersehbar.
Geöffnet am Zürcher Contemporary Art Weekend 11 – 17 Uhr, nachher meist tagsüber, am sichersten auf telefonische Vereinbarung, auch auf Wunsch mit Führung durch den Galeristen Bak, 043 888 55 10 oder [email protected]