Warum ist das Interesse an den bevorstehenden Wahlen für das Europäische Parlament so flau? Auch deshalb, weil die Politiker den Wählern in den EU-Mitgliedsländern nicht sagen können oder nicht sagen wollen, wohin die Reise mit dieser Europäische Union eigentlich gehen soll. Im Vertrag von Maastricht ist von einer „immer engeren Union“ die Rede. Aber was heisst das konkret? So etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa, etwa nach dem Muster der USA?
Das wäre eine Illusion. Der grosse Staatsmann De Gaulle hat die richtige Formel geprägt: Er sprach von einem „Europa der Vaterländer“. Das heisst, die Völker Europas sollen zwar innerhalb eines flexiblen Rahmens immer dichter kooperieren – aber die nationalen Bindungen und Identitäten werden damit nicht verschwinden. Diese kulturelle, sprachliche, mentalitäts- und gefühlsmässige Vielfalt macht ja gerade den Charme und den Reichtum der europäischen Realität aus. Wer glaubt, die historisch tief verankerten nationalen Verwurzelungen durch eine pauschale europäische Identität überlagern zu können oder gar zum Verschwinden zu bringen, dem fehlt es an solider Bodenhaftung. Als simpler reality check bietet sich die kommende Fussball-WM in Brasilien an.
An einer EU, die sich klipp und klar als „Europa der Vaterländer“ (meinetwegen auch Mutterländer) definiert, könnte sogar eine Mehrheit der Schweizer Gefallen finden. Es wäre ein starkes Argument gegen die Anti-Bilateralen-Demagogie, mit der Blocher sich schon jetzt auf die von Burkhalter angekündigte Volksabstimmung 2016 einschiesst.